Belgiens verstrahlte Debatte über die Atomkraft

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Seit 20 Jahren gelobt eine belgische Regierung nach der anderen, die beiden Kernkraftwerke zu schließen. Die Bürger hingegen sehen das anders.

Wie Sie vielleicht wissen, ist Belgien das, wovor die Mehrheit der Österreicher eine Heidenangst hat: ein Land mit Atomkraftwerken. Eines steht vor den Toren Antwerpens in Doel (streng genommen gibt es den gleichnamigen Ort nicht mehr, er musste den Meilern weichen, was ein bizarres Geisterdorf hinterlassen hat), das andere in Tihange in der Provinz Lüttich. Eines für Flandern, eines für die Wallonie, beide zu einer Zeit errichtet, die vom heutigen Tag weiter entfernt ist als vom Ende der belgischen Kolonialherrschaft über den Kongo, beide mit zunehmend beunruhigenden Störfällen, sprich: auf Bundes- und Regionenebene besteht dringender Bedarf, Doel und Tihange zuzusperren oder zumindest total zu sanieren. Weil Zweiteres untragbar teuer wäre, entschied man sich dafür, dass Belgien aus der nuklearen Stromerzeugung aussteigen sollte.

Das war im Jänner 2003. Dummerweise hatte man keine Antwort auf die Frage parat, woher jene Hälfte der gesamten Elektrizität kommen soll, welche die beiden Atomkraftwerke beisteuern. Und so spalten sich in Doel und Tihange fast 20 Jahre später noch immer die Kerne, dass es nur so strahlt. Jetzt aber wirklich, befand die aktuelle Bundesregierung, und auch der Betreiber Engie erklärte, dass mangels alternativer Pläne endgültig im Jahr 2025 Schluss mit der belgischen Atomkraft sein soll.

Bloß sehen das die Bürger, die hier wie allerorten mit rasant steigenden Energiepreisen ringen, ein bisschen anders. Am Montag veröffentlichten die Tageszeitung „Le Soir“ und der TV-Sender RTL Info eine Ipsos-Umfrage, derzufolge nur 15 Prozent den Ausstieg befürworten. 33 Prozent sind dafür, neue, kleinere Atomkraftwerke zu errichten. 30 Prozent meinen, dass man auf unbestimmte Zeit zumindest die jüngeren Reaktoren weiterlaufen lassen sollte. Und 22 Prozent gaben jene Antwort, die auch meine wäre: „Ich weiß es nicht.“ Neigte ich dem Glücksspiel zu, ich wettete darauf, dass Doel und Tihange auch nach 2025 dazu beitragen, dass in Belgien die Lichter nicht ausgehen.

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