Kino

Biopic "Respect": Singend befreite sie sich selbst

Auch sie wuchs mit dem Gospel auf: Jennifer Hudson als Aretha Franklin in „Respect“.
Auch sie wuchs mit dem Gospel auf: Jennifer Hudson als Aretha Franklin in „Respect“.Metro-Goldwyn-Mayer
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Das Biopic „Respect“ wird der Queen of Soul, Aretha Franklin, gerecht – vor allem dank ihrer Darstellerin Jennifer Hudson, die nicht nur gut singen, sondern auch schauspielern kann.

„Ree, sie wollen dich singen hören!“, flüstert ihr der Vater zu. Reverend Franklin genoss als Prediger eine gewaltige Reputation. Und so sind die Onkel und Tanten, denen er in der ersten Szene von „Respect“ seine Tochter als Wunderkind vorführt, keine Geringeren als Duke Ellington, Dinah Washington und Martin Luther King. Unter den Besuchern der Soiree im Hause Franklin war auch James Cleveland, ein aufstrebender Musiker und Prediger aus Chicago. Er wird zu einem lebenslangen Vertrauten von Aretha Franklin. Vorerst hat er eine Botschaft an sie: „Lass niemals etwas zwischen die Musik und dich kommen. Die Musik wird dich immer retten.“ So kam es dann auch im wirklichen Leben, das voller Triumphe, aber auch Krisen war.

Die in Kapstadt geborene Regisseurin Liesl Tommy, die bislang hauptsächlich durch Theaterarbeit aufgefallen ist, übernahm die reizvolle Aufgabe, Dramaturgie in das wirre Leben von Franklin zu bringen. Sie spannt den Bogen von Franklins ersten Erfolgserlebnissen als Kindersängerin bis hin zum Triumph ihres selbst produzierten Gospelalbums „Amazing Grace“. Dabei spart sie Schönes aus, wie Franklins Kooperation mit Luther Vandross.

Auch die heiklen Phasen ihres erotischen Lebens deutet die Regisseurin nur zart an. Franklin bekam mit 12 Jahren ihr erstes Baby, mit 14 ihr zweites. Beim ersten soll Missbrauch im Spiel gewesen sein. Sky Dakota Turner, mit der die kindliche Aretha besetzt ist, beeindruckt mit stummem Spiel. Angstvolle Blicke, als sich die Tür des Kinderzimmers auf einer der Partys schließt. Geschlossen von einem, der davon murmelt, dass man gemeinsam viel Spaß haben könnte.

Genese einer Weltkarriere

Schnitt, denn dem Film geht es um etwas anderes. Er will die Genese einer Weltkarriere zeigen, die sich ungeachtet aller Erschwernisse und Imponderabilien entfaltet. Als Wunschkandidatin für die Hauptrolle in einem allfälligen Biopic stellte sich Franklin selbst kurioserweise die schlanke Halle Berry vor, die keinen Ton halten kann. Mit Gospelsängerin Jennifer Hudson hat sie stattdessen eine sehr würdige Darstellerin bekommen, die über viel Expertise im Singen von Gospel und Soul verfügt und zudem noch schauspielern kann.

Subtil stellt sie Aretha in ihrem Kampf gegen die männliche Dominanz von Vater, Ehemännern und Liebhabern dar. Der Film fokussiert auf die künstlerischen Auseinandersetzungen. Sehr beredt spielt Hudson die Rebellion Franklins gegen ihren ersten Produzenten, John Hammond, der eine Jazzsängerin aus ihr machen wollte. Nach neun Alben gab er mit den Worten auf: „Ich weiß nicht, was ich mit ihr machen soll.“ Superb dargestellt sind auch die anfänglichen Irritationen im Muscle Shoals Studio in Alabama, wo Franklin zunächst auch mit Produzent Jerry Wexler stritt.

Der sie innig fördernde Wexler verfügte über einen Pool an genial improvisierenden Musikern. Ihr Fehler? Sie waren weiß. So sah es zumindest Ehemann Ted White. Aber gerade in diesem Umfeld konnte sich Franklin zu sich selbst befreien. „Die Jungs haben Soul“, gab sie ihrem frustrierten Macho-Mann Bescheid.

Mit bebenden Lippen interpretiert Jennifer Hudson in der Folge legendäre Franklin-Songs wie „Think“ und „Young, Gifted and Black“. Und natürlich Otis Reddings „Respect“, das Franklin in eine Hymne der Frauenbefreiung umdeutete. Doch sie war auch offen für Ratschläge von Wohlmeinenden wie Reverend Cleveland: „You are in church, you are safe“, lautet eine ermutigende Sentenz. So wurde ihr die Bühne stets zu einer Art Kirche. Wie auch für Jennifer Hudson: Ihre Sozialisation im Gospel qualifizierte sie für diese Rolle.

Ein weiterer Pluspunkt des Films sind die Kostüme von Clint Ramos. Minutiös nähte er die Mode der Siebziger nach. Für die frühen Jahre, die fotografisch nicht so gut dokumentiert sind, ließ er seiner Imaginationskraft freien Lauf. Das Fazit: Schlanke Dramaturgie, opulente Bildsprache und fantastische Musik machen aus „Respect“ das rare Beispiel eines gelungenen Biopics.

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