Kritik

Damit kann man den Lockdown-Blues hinter sich lassen

Jazzpianist George Cables begeisterte im Porgy & Bess vor Live-Publikum.

Er ist 77 Jahre alt und ein Veteran jazziger Tonsetzung. Aber der in New York City lebende Pianist George Cables nimmt auch die Mühen einer Tournee während einer Pandemie in Kauf. Es geht schließlich darum, die Flamme des Jazz auch in dunkle Zeiten zu tragen. Und so bedankte er sich gleich zu Beginn beim Publikum im Wiener Porgy & Bess, das nun nicht mehr nur hinter den Bildschirmen des Streaming verschanzt war, sondern sich mit Maske großzügig im Raum verteilte. Mit einem saloppen „You are my musical partner“ hob er es auf den Schild.

Flugs fand man sich im kriegerischen Klanggewirr eines modernen Klassikers wieder, in Wayne Shorters „Speak No Evil“. Gleich zeigte sich die Qualität des Quartetts. Die Rhythmiker in der Kombo spielten schnörkellos, der italienische Saxofonist Piero Odorici sehr pointiert. Beim Gang durch Balladen von der Güte eines „Looking for the Night“ duselte er niemals zu viel Gefühl. Cables ist mit dem aktuellen Opus „Too Close for Comfort“ bereits bei seinem 21. Trioalbum angelangt. Er stellte die Titelnummer vor: Statt sich in Sentimentalitäten zu flüchten, interpretierte das Quartett den wohlbekannten Standard von der fidelen Seite her. Trotz aller Vitalität gab es auch nachdenkliche Passagen. Ein Highlight davon war Cables' solo gegebene Interpretation von „Round Midnight“, das einst Dexter Gordon, bei dem Cables spielte, mustergültig gedeutet hat.

Famos glückte auch „Travellin' Lady“, wo Schlagzeuger Jerome Jenny die Stöckchen und Beserln weglegte und mit nackten Handflächen die Felle bearbeitete. Jazz in der Pandemie, ein echter Glücksbringer.

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