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Zwischenstation voller Sand

Die L’Auberge de Tamezret in Tamez-ret hat in diesen schwierigen Zeiten dennoch eine gute Saison dank ganz lokaler Kundschaft.
Die L’Auberge de Tamezret in Tamez-ret hat in diesen schwierigen Zeiten dennoch eine gute Saison dank ganz lokaler Kundschaft. Amanshauser
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Ein Belgier führt zwischen Mittelmeer und Wüste einen erstaunlich gut florierenden Betrieb.

Im Felsplateau von Tamezret, nahe von Matmata im tunesischen Dahar-Gebirge, haben Menschen seit Jahrhunderten Wohnlöcher gebohrt – die angenehm temperierten Troglodyten-Grotten. Das später auch über der Oberfläche gebaute Städtchen Tamezret ist aufgrund von Landflucht fast ausgestorben, wurde transformiert in ein zusammengebrochenes, verwüstetes Mauernmeer, überwachsen mit widerstandsfähigen Pflanzen. Nur einige Unverwüstliche ­halten die Kultur am Leben.

Der Belgier Patrick Bourseaux führt seit 2012 den einzigen überregionalen Tourismusbetrieb im Herzen Tamezrets, die Herberge mit dem simplen Namen „L’Auberge“. „Jeden Tag ist bei uns volle Saison, wir haben sogar Touristen“, schmunzelt er. Bourseaux unterscheidet diese von Einheimischen, die bei ihm absteigen, seit der internationale Tourismus strauchelte – viele davon mittlerweile Stammgäste. „Wir haben uns auf lokale Kundschaft konzentriert, und das zu Recht. Vergangener Oktober war unser zweitbester Monat überhaupt.“

Mundpropaganda hilft


Mundpropaganda hilft ihm dabei ebenso wie konsequente Onlinepolitik und seine legendäre Küche: „Das liegt mehr am Koch als am Kellner, der bin nämlich ich. Wir haben sogar ein Süßgericht, von dem uns mitgeteilt wurde, dass es ein fast österreichisches ist – es ähnelt dem Scheiterhaufen.“ Das Lob, das sich auch in Auszeichnungen für die beliebteste Unterkunft des Gebirges ausdrückt, wischt er bescheiden zur Seite: „Wir haben drei Zimmer, also maximal sechs Gäste, und wir bemühen uns, das Maximum an Qualität zu bieten.“ Das Restaurant steht in der Regel nur für Übernachtungsgäste offen. Die Unterkünfte: eine Suite mit drei Räumen, ein Terrassenzimmer und eine klassische Grotte. Besucheraktivitäten reichen von Stadtspaziergängen über Trekking und Reiten in den Hügeln der Umgebung bis zu einem gastronomischen Wochenende. Schade findet Bourseaux, dass die Gebirgsregion von Dahar noch immer einen zu niedrigen Stellenwert hat. „Wir sind für viele die Zwischenstation auf ihrem Weg. Die Leute ignorieren diese ganze Ecke. Sie wollen in die Sahara. Dabei ist dort nur . . . na ja, viel Sand.“ 

>>> www.tamezret.com

("Die Presse Schaufenster" vom 10.12.2021)

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