SPÖ, FPÖ und Neos wollen etwaige Korruption im Umfeld der ÖVP aufklären. Dazu ermöglichen sie Mitarbeitern in Ministerien nun, ohne offizielle Ladung auszusagen.
Sebastian Kurz ist nicht mehr Bundeskanzler, Gernot Blümel nicht mehr Finanzminister. Dennoch hält die Opposition an einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den einstigen Tätigkeiten der beiden ÖVP-Politiker fest. Denn, wie Stephanie Krisper von den Neos betont, gehe es darum, „Defizite aufzuzeigen“ von Menschen, „die in der Vergangenheit Machtmissbrauch und Korruption ausgeübt haben“. Es gehe darum, das aufzuzeigen, „zu reformieren und damit unsere Demokratie zu stärken“. Sie erhofft sich dadurch, dass „in Zukunft Inseratenkorruption, Einfluss auf Medien, Einfluss auf die Justiz und andere korruptionsnahe oder korrupte Verhalten nicht mehr gesetzt werden können“.
Um das umzusetzen, bringen die Neos heute, Donnerstag, gemeinsam mit der SPÖ und der FPÖ mehrere Beweiseinträge für den U-Ausschuss ein. Sie haben mitunter das Ziel, dass das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung erstmals mögliche Auskunftspersonen einvernehmen kann. „Wir machen das nicht, um Leute zu sekkieren“, erklärte dazu Christian Hafenecker, FPÖ-Fraktionsführer des U-Ausschusses. Vielmehr sollte Mitarbeitern diverser Ministerien damit die Möglichkeit gegeben werden, „ihre Wahrnehmungen zu schildern“, ohne in den U-Ausschuss geladen zu werden.
Hafeneckers grüne Kollegin, Nina Tomaselli, ergänzte, man wolle - ungeachtet dessen, dass man derzeit mit der Volkspartei in einer Koalition sei - kritische Fragen stellen und so das Vertrauen der Bürger in die Politik zurückholen, das zuletzt stark gelitten habe.
SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer ergänzte im Ö1-„Morgenjournal“: „Bei Korruption geht es ja nicht um einzelne Personen, sondern um die Strukturen dahinter und die Strukturen sind ja nach wie vor da“, verneinte er eine Frage, wonach ein U-Ausschuss ohne einen Kanzler Sebastian Kurz „sportlich wertlos“ sein könnte. Es gehe darum, eine Antwort auf die Frage zu finden: „Wie korrupt ist die ÖVP?“ Tatsache sei: „Wir wissen ja, dass wir erst die Spitze des Eisbergs gesehen haben.“ Diesen Eisberg der Korruption gelte es nun zu vermessen, um in der Folge dem Nationalrat die Chance zu geben, entsprechende Beschlüsse zu fassen, „damit sich das Ganze nicht wiederholen kann“. Fest stehe außerdem: Man werde sachlich und unaufgeregt vorgehen.
Die Befürchtung, der frühere Regierungschef Kurz könnte - sollte er eine Arbeit im Ausland annehmen - einer Ladung in den U-Ausschuss nicht folgen, teilte Krainer nicht: „Ich habe schon viele Ex-Kanzler in Untersuchungsausschüssen gehabt und sie sind alle gekommen und haben alle ausgesagt.“
ÖVP weist Vorwürfe zurück
Die ÖVP hat bisher freilich jegliche Vorwürfe der Korruption oder Korruptionsnähe zurückgewiesen. „Bei diesem Untersuchungsausschuss werden wir es von unserer Seite einmal so anlegen, dass wir wirklich für Transparenz stehen: Wir wollen die Dinge auf den Tisch bekommen, fordern das aber auch von den anderen Parteien“, verwies der türkise Fraktionsführer Andreas Hanger darauf, dass die Volkspartei im Zeitraum der gegen sie erhobenen Vorwürfe „immer in einer Koalition war“ - mit der SPÖ, der FPÖ und jetzt mit den Grünen.
Etwas dauern könnte das freilich noch: Die ersten Auskunftspersonen werden erst für den März in den U-Ausschuss geladen werden. Konkret haben sich die Fraktionen laut Parlamentskorrespondenz auf den 2. März als Start für die Befragungen geeinigt. Bis Mitte Juli sind demnach 25 Befragungstage anberaumt.
(hell)