Immobilien

Strengere Regeln für Wohnbaukredite

Die Presse/Clemens Fabry
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Die FMA will nächstes Jahr per Verordnung 20 Prozent Eigenmittel bei Wohnkrediten vorschreiben. Denn die Vergabestandards würden Anlass zu ernster Sorge geben, mahnen die Aufseher.

Die Preisrallye bei Immobilien sorgt bei den Aufsehern für Stirnrunzeln. Seit 2007 haben sich die Preise für Wohnimmobilien in Österreich verdoppelt, in Wien stiegen sie um 140 Prozent. Die Coronakrise tat dem keinen Abbruch: Im ersten Quartal heuer gab es ein Plus von 12,3 Prozent.

Dieser Boom ist vor allem durch Kredite getrieben. Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ermöglicht es Anlegern und Eigennutzern, zu historisch günstigen Konditionen Immobilien fremdzufinanzieren. Seit Mitte 2020 stieg die Zahl der neu vergebenen Wohnbaukredite um 18 Prozent auf 94.000. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) beunruhigt die großzügige Kreditpolitik der Banken. „Die Vergabestandards für Wohnbaukredite geben Anlass zu ernster Sorge“, sagte FMA-Vorstand Helmut Ettl am Mittwoch. Das Volumen der neu vergebenen Wohnbaukredite erhöhte sich binnen eines Jahres um 37 Prozent auf 16,9 Mrd. Euro. „Das rasante Wachstum hält nun bereits seit 2011 an“, warnen die Aufseher.

Variable Zinsen sind beliebt

Sorge bereiten vor allem die Konditionen, die Kreditnehmer bei den Banken erhalten. Jeder zehnte Kredit habe eine Laufzeit von mehr als 35 Jahren. In zwei von zehn Fällen müssten Familien mehr als 40 Prozent ihres verfügbaren Nettoeinkommens für die Rückzahlung aufwenden. Bei sechs von zehn Krediten liegt der Eigenmittelanteil unter 20 Prozent. Vor allem aber wählen die Österreicher mit Vorliebe Darlehen, die variabel verzinst sind. 40 Prozent des Kreditvolumens fällt in diese Kategorie. FMA-Vorstand Ettl rechnet vor: Wer einen Kredit in Höhe von 200.000 Euro aufgenommen hat, mit einer Laufzeit von 20 Jahren und mit einem fixen Zinssatz von 1,35 Prozent, der kommt auf eine monatliche Rate von 951 Euro. Ist der Kredit variabel verzinst, kommt er aktuell auf ein Prozent Zinsen und eine monatliche Rate von 920 Euro. Also nur 31 Euro weniger im Monat als beim Fixzins.

Steigen die Zinsen für den Kreditnehmer irgendwann auf fünf Prozent, das Niveau von vor der Finanzkrise des Jahres 2008, erhöht sich die monatliche Kreditrate beim variablen Zins auf 1278 Euro. Die monatliche Belastung steige also um 39 Prozent, über die gesamte Laufzeit wären um 77.324 Euro mehr zurückzuzahlen. Deshalb raten die Experten zu dem kaum teureren Fixzinskredit. „Für 31 Euro im Monat zusätzlich erhalte ich langfristige Sicherheit“, so Ettl. „Dieses Beispiel zeigt: Es ist Zeit zu handeln.“

Kreditvergabe soll strenger werden

Handeln – das tun die Aufseher nun auch. Die FMA will nächstes Jahr Mindeststandards für die Vergabe von Wohnbaukrediten erlassen, kündigten Ettl und sein Vorstandskollege Eduard Müller am Mittwoch an. Die Banken müssen dann strenger bei der Vergabe von Krediten zur Immobilienfinanzierung sein. Vorgeschrieben werden ein Eigenmittelanteil von zumindest 20 Prozent und eine Laufzeit von höchstens 35 Jahren. Außerdem darf der Schuldendienst laut den FMA-Plänen künftig maximal 30 bis 40 Prozent des monatlich verfügbaren Nettoeinkommens betragen. Die FMA ist befugt, eine entsprechende Verordnung eigenmächtig nach einer Begutachtungsfrist zu erlassen. Geplant ist dies für die Mitte des nächsten Jahres.

Wie die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) geht auch die FMA nicht davon aus, dass es bereits eine Blase auf dem Immobilienmarkt gibt. Aber „wir steuern in Richtung einer Blase“, sagte Ettl. Die Entwicklungen gingen über das bisher Gekannte hinaus. „Außergewöhnliche Entwicklungen erfordern außergewöhnliche Schritte“, begründete Ettl die Pläne der FMA, die über die Stabilität des österreichischen Finanzsystems wacht.

Die OeNB hatte bereits im Herbst an die Banken appelliert, bei der Vergabe von Wohnkrediten vorsichtig zu agieren. Sollten die Institute den Empfehlungen nicht nachkommen, könne man daraus rechtlich verbindliche Vorgaben machen. Diese kommen nun also demnächst. Für Kreditnehmer bedeutet das, dass sie nicht mehr so leicht an Immobilienkredite kommen beziehungsweise höhere Sicherheiten vorweisen müssen. Die FMA will auch die Regulierung von Krypto-Assets stärker vorantreiben.

Die FMA-Vorstände äußerten sich auch zum FMA-Budget. Wie „Die Presse“ berichtete, forderten Ettl und Müller vom FMA-Aufsichtsrat, der mit Mitgliedern aus dem Finanzministerium und der OeNB besetzt ist, eine Budgeterhöhung um drei Mio. Euro und 30 neue Mitarbeiter, um den Anforderungen in Zeiten von Krypto-Assets, Fintechs und digitalen Handelsplattformen gerecht zu werden. Das Budget wurde mittlerweile beschlossen, die FMA erhält 17 zusätzliche Planstellen und vier Mio. Euro mehr im Jahr.

(Presse Print)

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