Tourismus

Die Zukunft des Winterurlaubs hängt am Verhalten des Gastes

Ein klimaschonender Skiurlaub beginnt bei der Anreise – idealerweise im Zug.
Ein klimaschonender Skiurlaub beginnt bei der Anreise – idealerweise im Zug.(c) CHRISTIAN BEUTLER / Keystone / picturedesk
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Einen „Winter wie früher“ wird es nicht mehr geben. Um für Gäste dennoch künftig als Tourismusland attraktiv zu sein, ist ein Nachdenken über klimaschonendere und CO2-ärmere Konzepte angesagt. Die Winterurlauber müssen dabei mit ins Boot geholt werden.

Selbst wenn diese Wintersaison für die heimische Tourismuswirtschaft noch zu retten ist, bleibt ihr die große mittelfristige Herausforderung, auf den Klimawandel zu reagieren. Es gilt, nachhaltige Strategien zu entwickeln und auch die Gäste dafür zu gewinnen. Für Ulrike Pröbstl-Haider vom Institut für Landschaftsentwicklung, Erholungs- und Naturschutzplanung der Universität für Bodenkultur in Wien ist der Verzicht auf das eigene Auto die effektivste Möglichkeit, klimaschonend zu urlauben.

Einer Studie des Umwelbundesamtes zufolge ist die Anreise eines Winterurlaubers per Pkw nämlich für mehr als die Hälfte seiner Emissionen verantwortlich. Ein Drittel entfällt demnach auf das Hotel und nur zehn bis 20 Prozent auf Aktivitäten, etwa den Skisport. „In diesem Zusammenhang kann man eine umweltfreundliche Anreise nicht groß genug schreiben“, betont Pröbstl-Haider. „Das Klimaticket könnte einen wichtigen Anreiz bieten. Die Möglichkeiten für eine Anreise mit der Bahn müssen wesentlich verbessert werden. Hier ist auch der Bund gefragt, der in den vergangenen Jahrzehnten das Angebot abgebaut hat.“ Sie würde sich mehr Informationen auf Hotelbuchungsplattformen wünschen, die sich an klimafreundlich reisende Touristen wenden. „So könnten zum Beispiel Zertifizierungen mit dem österreichischen Umweltzeichen wiedergegeben werden und den Gast sensibilisieren.“

Klimaschonende Anreise geht über alles

Aber auch von sich aus können Wintertouristen effektive Maßnahmen setzen: „Eine klimaschonende Anreise mit Bahn oder Bus wäre der erste Schritt, dann die Auswahl klimaschonender Hotels und Unterkünfte. Bei der Wahl der Wintersportart sollte man bestehende Anlagen aufsuchen und den Skiraum nicht verlassen.“ Wildtiere würden sich an die intensiv genutzten Räume gewöhnen und diese in ihrem Raum-Zeit-Verhalten beachten. „Doch Skitouren oder Schneeschuhwanderungen abseits etablierter Routen stellen eine erhebliche Belastung dar“, sagt die Wissenschaftlerin. Gemeinsam mit Kollegen hat sie ein Buch publiziert, das den aktuellen Stand der Forschung zum wechselseitigen Einfluss zwischen Klima und Tourismus erhebt („Tourismus und Klimawandel“, 2021, Springer Verlag, 258 Seiten, 54,99 € bzw. online: Open Access).

Das Fazit: Was den Wintertourismus betrifft, setze die Branche auf technische Innovationen, um Klimafreundlichkeit und Ressourcenschonung zu verbessern, sagt die Boku-Professorin. „Dazu gehören wasserstoffgetriebene Pistenraupen, digitales Schneemessen und Beschneiung nur soweit erforderlich und Energiegewinnung mit der Beschneiungsanlage.“ Maßnahmen, die einzelne Destinationen setzen sollten, wären für Pröbstl-Haider zum Beispiel, Anlagen und betriebliche Abläufe zu verbessern, klimaverträgliche Produkte und Dienstleistungen auszubauen oder Partner zu suchen, um in Wintersportorten die Mobilität vor Ort zu stärken. Die Expertin rät auch, aktiv zu kommunizieren, wenn nach Abwägung verschiedener Möglichkeiten eine Entscheidung zugunsten der Ressourceneffizienz getroffen wurde. Nicht zuletzt müsse man als Anbieter seine klimafreundlichen Produkte neu am Markt positionieren, um das infrage kommende Kundensegment anzusprechen.

Einen weiteren Ausbau des Alpinski-Tourismus sieht die Forscherin kritisch. „Aus meiner Sicht ergibt es Sinn, die bestehenden Anlagen weiter zu nutzen, aber gleichzeitig, wie dies bereits erfolgt, schrittweise die Sommer-, Herbst- und Frühjahrssaison zu stärken.“ Wichtig seien auch regionalspezifische Untersuchungen. „Im Blick auf die Beschneibarkeit und die Schneesicherheit weichen die lokalen Verhältnisse – Exposition, Breite des Tals, Föhneinfluss – erheblich ab.“ Bei allen Bemühungen der gesamten Branche sowie ihrer einzelnen Anbieter bleibt für Pröbstl-Haider eine Botschaft essenziell: „Ohne Mitwirkung des Gastes ist Klimaneutralität im Tourismus nicht möglich.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.12.2021)

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