"Tesla der Sterbehilfe"

"Sarkophag" soll in der Schweiz beim Suizid assistieren

Das futuristische Design glorifiziere den Suizid, wie Kritiker meinen.
Das futuristische Design glorifiziere den Suizid, wie Kritiker meinen.imago images/Cover-Images
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In Österreich wurde die Legalisierung des assistierten Suizids gerade erst bestätigt. In der Schweiz könnte Sterbewilligen jetzt schon bald die High-Tech-Kapsel „Sarco Pod“ zur Verfügung stehen.

Auf den Kunstausstellungen der Welt hat er in den letzten Monaten bereits für Furore gesorgt, jetzt soll der „Sarco Pod" bald in der Schweiz legalisiert werden – zumindest wenn es nach den Erfindern geht. Bei dem futuristisch anmutenden High-Tech-Gerät handelt es sich nicht etwa um eine neue Version des iPod, sondern um eine sargförmige Kapsel aus durchsichtigem Kunststoff. Auch dient der Pod nicht nur Unterhaltung, sondern dazu, dem eigenen Leben ein frühzeitiges Ende zu bereiten. Der „Sarkophag“ ist ein Instrument zur assistierten Sterbehilfe. Besonders makaber daran: Der Erfinder des Sarco Pod nennt sich selbst „Dr. Death“.

Sterben, aber glamourös

Wer James Camerons Meisterwerk „Avatar“ gesehen hat, dem könnte die Optik des Sarco Pod bekannt vorkommen. Das Gerät erinnert stark an jene Kapseln, in die sich die Forschenden im Film begeben, um auf den fremden Planeten „Pandora“ zu reisen. Mit der Kapsel zur Sterbehilfe wird ebenfalls eine Reise in ferne Welten angetreten, wenn auch die letzte. Ähnlich wie im Science-Fiction-Epos müssen sich Nutzer in den Sarkophag legen und den durchsichtigen Deckel über sich schließen. Anschließend wird die Luft in der Kapsel mit Stickstoff angereichert, bis der Sauerstoffgehalt weit genug abgesunken ist, um Bewusstlosigkeit auszulösen. Innerhalb von zehn Minuten soll dann der Tod eintreten – schnell, einfach und schmerzlos. Das futuristische Design hat aber auch seine Tücken.

Nach Vorstellung des Sarco Pod wurden Stimmen laut, die sich um die Sicherheit des Geräts sorgen. Einige Kritiker meinen, die Kapsel könnte in falsche Hände geraten und etwa bei spielenden Kindern zu tödlichen Unfällen führen. Manche finden, die Inszenierung des Pods als „Tesla“ der Sterbehilfe würde den Suizid glorifizieren. Andere wiederum sorgen sich um die Tatsache, dass der Sarkophag nach dem Kauf in Eigenregie verwendet werden kann und keine ärztliche Konsultation notwendig ist. So könnte es passieren, dass sich Menschen aus ihrer Verzweiflung oder einer akuten psychischen Notsituation heraus spontan dazu entscheiden, sterben zu wollen. Um solche Kurzschlusshandlungen zu verhindern, ist der freiwillige Sterbeprozess in der Regel mit vorherigen Gesprächen, Untersuchungen und einer individuellen Betreuung verbunden.

Selbstbestimmtes Leben und Ableben

Der Hersteller der Kapsel sieht aber genau in den Kritikpunkten die Vorteile seines Produktes. Der Sarco Pod wäre eine Methode für schwerstkranke Menschen, ihr Leben selbstbestimmt und würdevoll zu beenden. Die Unabhängigkeit von der Gnade anderer würde dadurch unterstützt, dass das Gerät in Form von 3D-Druckvorlagen verkauft werden soll. Da der Pod mobil ist, wäre es sogar möglich, den Sterbeprozess in der Natur, unter freiem Himmel oder an einem anderen Ort der Wahl durchzuführen. Auch für das Problem der Sicherheit sieht „Dr. Death“ eine Lösung. Der Sarkophag verfügt über einen Notfallknopf, der während des Gaseintritts jederzeit betätigt werden kann, um den Prozess sofort zu beenden. So hätten Nutzer genügend Zeit, es sich während der zehn Minuten „noch anders zu überlegen“.

In Österreich wurde die baldige Einführung der Sterbehilfe gerade erst beschlossen – allerdings nur für Schwerkranke und nach einer mehrwöchigen Bedenkfrist. Sterbewilligen Personen werden dann ärztlich genehmigte Medikamente verschrieben, die bei korrekter Einnahme zum Tod führen. In der Schweiz ist der assistierte Suizid in dieser Form bereits seit 1942 legal. Eine Beendung des Lebens mithilfe von Gasen, wie sie beim Sarco Pod zum Einsatz kommen, ist bisher in keinem der beiden Länder vorgesehen. Ob der Pod tatsächlich jemals zum Einsatz kommt, ist aktuell noch unklar. Derzeit wird geprüft, ob seine Verwendung in der Schweiz gesetzlich gedeckt ist. Ein Markt wäre jedenfalls vorhanden – in den Sozialen Medien hatten einige Schwerkranke die Erfindung bereits gelobt.

Auf einen Blick

Es gibt eine Reihe von Hilfseinrichtungen und Anlaufstellen für Menschen in akuten Krisensituationen. Unter www.suizid-praevention.gv.at findet man Notrufnummern und Erste Hilfe bei Suizidgedanken.

Telefonische Hilfe gibt es auch hier:

Kriseninterventionszentrum (Mo-Fr 10-17 Uhr): 01/406 95 95, kriseninterventionszentrum.at
Rat und Hilfe bei Suizidgefahr 0810/97 71 55
Psychiatrische Soforthilfe (0-24 Uhr): 01/313 30
Sozialpsychiatrischer Notdienst 01/310 87 79
Telefonseelsorge (0-24 Uhr, kostenlos): 142
„Rat auf Draht“ (0-24 Uhr, für Kinder und Jugendliche): 147
Gesprächs- und Verhaltenstipps: www.bittelebe.at

Hilfe für Menschen mit Suizidgedanken und Angehörige bietet auch der noch recht junge Verein „Bleib bei uns“: www.bleibbeiuns.at

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