Der Präsident richtet den Blick auf die nächste Wahl und lindert nun publikumswirksam die Schmerzen, die er der Bevölkerung selbst zugefügt hat.
Istanbul. Im Präsidentenpalast von Ankara gab es diese Woche erleichterte Stoßseufzer. Nach einem historischen Absturz der Lira kehrte Präsident Recep Tayyip Erdoğan den Trend mit neuen Staatsgarantien für Sparer um – was die konservative Wählerbasis des Präsidenten so freute, dass Händler im ostanatolischen Malatya als Zeichen ihres Vertrauens in die Regierung öffentlich Dollarscheine verbrannten. Zwar konnte Erdoğans Manöver die katastrophalen Verluste der Lira in diesem Jahr nur teilweise wieder ausgleichen – seit Jänner hat die Währung trotz der neuen Gewinne immer noch rund 40 Prozent gegenüber Dollar und Euro verloren. Doch für Erdoğan-Anhänger überwiegt das schöne Gefühl, wenn der schlimmste Schmerz nachlässt. Das ist genau, was der Präsident beabsichtigt.
Erdoğan ordnet alles einem Ziel unter: Er will die nächsten Wahlen gewinnen, die spätestens in anderthalb Jahren stattfinden müssen. Wie in früheren Wahlkämpfen setzt er darauf, mit möglichst billigem Geld hohe Wachstumsraten der Wirtschaft zu erreichen. In den vergangenen Monaten diktierte er der Zentralbank trotz hoher Inflation von mehr als 20 Prozent eine Senkung der Leitzinsen nach der anderen und ließ die Lira absacken, weil er sich davon mehr Exporte und einen Wirtschaftsboom versprach.