Stiftungsrat uneins über vorgezogene ORF-Wahlen

Stiftungsrat uneins ueber vorgezogene
Stiftungsrat uneins ueber vorgezogene(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
  • Drucken

Wird die ORF-Führung früher gewählt als geplant? Die Stiftungsrats-Vorsitzende Kulovits-Rupp ist dafür, ihr Stellvertreter Medwenitsch dagegen. Der Zentralbetriebsrat würde am liebsten noch heuer wählen.

Im Zuge der Querelen rund um die Ablöse von Informationsdirektor Elmar Oberhauser wird am Küniglberg über frühere Neuwahlen des ORF-Direktoriums spekuliert. Regulär ist die Wahl für August 2011 angesetzt. Die Vorsitzende des ORF-Stiftungsrates, Brigitte Kulovits-Rupp, sieht für die Vorverlegung der Wahl beispielsweise in den Februar oder März durchaus "sachliche Argumente". Angesichts der neuen Strukturen mit einem verkleinerten Direktorium sei eine "längere Vorlaufzeit sicher von Vorteil", meinte Kulovits-Rupp. Voraussetzung dafür wäre "ein breiter politischer Konsens." Sollte es diesen geben, sei die Wahl theoretisch auch ohne Aufschnüren des ORF-Gesetzes möglich.

Kürzere Funktionsperiode? Nicht unbedingt

Ihr Stellvertreter Franz Medwenitsch, der Leiter des bürgerlichen "Freundeskreises" im Stiftungsrat, kann einer vorzeitigen Wahl der ORF-Führung nur wenig abgewinnen. "Eine vorgezogene Wahl bedarf der Verkürzung der Funktionsperiode und das kann nur der Gesetzgeber", sagte Medwenitsch am Freitag.

Eine vorgezogene Wahl bedürfe keiner Verkürzung der Geschäftsführungsperiode, meint hingegen Kulovits-Rupp. Zwar könnte früher gewählt werden, im Amt wäre der neue Generaldirektor mit seinem Direktorium aber wie vorgesehen erst mit 1. Jänner 2012.

Externe Bewerber hätten bei einer früheren Neuwahl bessere Karten, glaubt die Stiftungsratsvorsitzende. Ein neuer ORF-General bzw. Direktor von außer Haus täte sich mit einer Vorlaufzeit von einem dreiviertel Jahr sicher leichter, aus seinen Verträgen auszusteigen, gab sie zu Bedenken.

Medwenitsch: "Keine Experimente"

"Die Rechtsunsicherheit wäre nicht besonders hoch", sagte Kulovits-Rupp. Sollte etwa ein Bewerber, der nicht zum Zug gekommen ist, die Wahl anfechten, "müsste er erst beweisen, dass er drei Monate später bessere Chancen gehabt hätte". Dies als Anfechtungsgrund zu nehmen, sei "eher vage".

"Für Termin- und Fristenexperimente im Stiftungsrat" stehe er nicht zur Verfügung, betonte der bürgerliche Stiftungsrat Medwenitsch. "Mehr denn je braucht der ORF Stabilität und Rechtssicherheit und sicher keine Wahl, die jeder anfechten kann."

Zentralbetriebsrat: Wahlen noch heuer?

Der ORF-Zentralbetriebsratsvorsitzende Gerhard Moser plädiert für ein Vorziehen der Wahlen. "Ich sehe nur einen Ausweg: Möglichst rasche Neuwahlen der gesamten Geschäftsführung noch heuer oder spätestens zu Beginn des nächsten Jahres", sagte Moser. Die neuen vier Direktoren müssten außerdem ihre Ämter sofort antreten, forderte er. "Langandauernde Provisorien oder 'Schattenkabinette' lähmen uns nur weiter", so Moser.

Dafür brauche es allerdings eine Gesetzesänderung, so Moser: "Damit wären jetzt die Parteien am Zug, die sich ja derzeit so sehr um uns, den ORF sorgen. Mal sehen, wie groß die Sorge tatsächlich ist."

Der Belegschaftsvertreter kritisierte die Begleitgeräusche der geplanten Ablöse von Informationsdirektor Elmar Oberhauser: "Die ganze öffentlich geführte Debatte der letzten Tage hat uns immens geschadet. Da wird von hunderttausenden Euro geredet, von Dienstwägen und Dienstwohnungen und zurück bleibt nicht das angekratzte Image eines großverdienenden Direktors, sondern eines gesamten Unternehmens als sogenannter Privilegienstadl."

Dass die Belegschaft des ORF Sparpakete "en suite umgehängt" bekomme, und "etliche Redaktionen und Abteilungen aufgrund von drastischem Personalabbau weit über ihre Limits gehen", falle dabei unter den Tisch.

Moser rechnet nicht mit Oberhauser-Abwahl

Kommenden Donnerstag wird über die Abwahl Oberhausers im Stiftungsrat abgestimmt. Eine Entscheidung, wie abstimmen würde, habe er noch nicht gefällt, sagte Moser. Dass die unabhängigen Betriebsräte hier mitgehen würden, wie dies mehrfach kolportiert wurde, lese er "mit einer Mischung aus Kopfschütteln und Schmunzeln".

Zwar sei der Antrag jetzt eingebracht, dass tatsächlich am kommenden Donnerstag darüber abgestimmt wird, sei noch offen. "Ich gehe nach wie vor von einer sogenannten gütlichen Einigung aus", sagte Moser. "Vor allem gehe ich davon aus, dass ein so kostengünstiges Modell wie nur möglich zur Anwendung kommt. Alles andere ist den Mitarbeiterinnen des Hauses weder erklär- noch zumutbar."

Wird ORF-Gesetz aufgeschnürt?

Die ÖVP hatte für eine vorgezogene Wahl Bereitschaft signalisiert, allerdings umfangreiche Änderungen im ORF-Gesetz, etwa eine Verkleinerung der Gremien, verlangt. Die Opposition hatte zunächst abgelehnt, das BZÖ zeigte sich zuletzt jedoch wieder gesprächsbereit.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

ARCHIVBILD: ORF-INFODIREKTOR ELMAR OBERHAUSER UND ORF-GENERALDIREKTOR ALEXANDER WRABETZ
Medien

ORF: Die Abwahl Oberhausers ist eingeleitet

Generaldirektor Alexander Wrabetz informierte am Donnerstag den Stiftungsrat nicht nur über die Finanzen.
Ministerrat
Medien

Pröll wirft Wrabetz "Führungschaos" vor

Der Vizekanzler kritisiert, dass der ORF-Generaldirektor "Personalentscheidungen unter parteipolitischem Druck" treffe.
Wrabetz und Oberhauser
Medien

Oberhauser für Stiftungsrat-Chefin "wirklich hinterfotzig"

Geht es nach einem Antrag des ORF-Generaldirektors, soll der Stiftungsrat den beurlaubten Informationsdirektor kommende Woche abwählen

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.