"Wir wurden getäuscht": Meinl Bank klagt Anleger

The door plate is seen at the Meinl Bank in Vienna, Austria, on Monday, June 22, 2009. (AP Photo/Rona
The door plate is seen at the Meinl Bank in Vienna, Austria, on Monday, June 22, 2009. (AP Photo/Rona(c) AP (Ronald Zak)
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Die Bank dreht den Spieß um und klagt zwei Anleger. Diese hätten "grob fahrlässige falsche Erklärungen über ihre Anlage-Absichten gemacht", indem sie vor Gericht versicherten, Papiere mit geringem Risiko kaufen zu wollen.

Die Meinl Bank hat in der MEL-Affäre kürzlich herbe Niederlagen vor Gericht hinnehmen müssen. Gleich zweimal hat der Oberste Gerichtshof (OGH) festgestellt, dass die Bank Anleger mit den Werbebroschüren für die Wertpapiere der ehemaligen Meinl European Land (MEL, heute Atrium) in die Irre geführt hat. Die Entscheide sind rechtskräftig, die Meinl Bank will das aber nicht hinnehmen und versucht seitdem hängeringend darauf aufmerksam zu machen, dass eine derartige Rechtssprechung dem heimischen Kapitalmarkt abträglich sei.

Nun will das Geldhaus den Spieß umdrehen und klagt die beiden Anleger, denen der OGH recht gegeben hat. Das Argument: "Wir wurden getäuscht."

"Grob fahrlässige falsche Erklärungen" der Anleger

Am Donnerstag und Freitag  hat die Meinl Bank zwei Schadenersatzklagen gegen Anleger eingebracht. Diese hätten nämlich gegenüber dem Geldhaus "zumindest (grob) fahrlässige falsche Erklärungen über ihre wahren (Anlage-)Absichten gemacht", behauptet die Bank.

Die Anleger seien von unabhängigen Finanzdienstleistern beraten worden und nie direkt in Kontakt mit der Meinl Bank gestanden. Der einzige Kontakt zwischen Bank und Anleger sei jenes Dokument gewesen, in dem sie mit ihrer Unterschrift bestätigt hätten, ein Wertpapier mit hohem Risiko, "ja selbst mit dem Risiko eines Totalverlusts" erwerben zu wollen. Und da die Meinl Bank die MEL-Zertifikate auf Basis dieses Dokuments ausgehändigt habe, sei sie getäuscht worden, argumentiert sie. Denn vor Gericht hätten die Kläger ja versichert, dass sie Papiere mit geringem Risiko und geringen Kursschwankungen erwerben wollten.

"Das ist nicht asozial"

Ob das Finanzinstitut nun gegen alle Anleger, die vorm OGH recht bekommen, vor Gericht zieht? "Wir schließen nicht aus, dass wir bei ähnlich gelagerten OGH-Urteilen eine Klage prüfen", sagte ein Sprecher. Die Meinl Bank will bis in die höchste Instanz ausjudizieren lassen, "ob grundlegende Parameter für das Funktionieren des österreichischen Kapitalmarkts noch bestehen oder nicht", etwa "Eigenverantwortung des Anlegers" oder "Unterschrift einer mündigen Person unter ein Dokument", so Bankvorstand Peter Weinzierl.

Asozial findet die Meinl Bank, die ihren Vergleich mit Kleinanlegern stets als "soziale Lösung" angepriesen hat, dieses Vorgehen jedenfalls nicht. "Das ist nicht asozial, sondern entspricht den rechtlichen Möglichkeiten, die es in diesem Land gibt", sagte der Sprecher. Dass die Bank 18 Millionen Euro für Anlegervergleiche in die Hand nehme, "ist ein weiteres Argument dagegen".

Auf Aussagen des Werbeprospekts verlassen

Laut OGH hat die Meinl Bank bei den Anlegern, die jeweils rund 20.000 Euro in MEL-Papiere investiert haben, mit ihren Werbebroschüren einen Irrtum über das Risiko der MEL-Zertifikate verursacht. Dass jener Kläger, der über einen Finanzberater 2006 insgesamt 1232 Stück MEL-Zertifikate erworben hat, in seinem Anlegerprofil seine Risikobereitschaft als "hoch" bzw. "extrem hoch" einstufte und ein Formular unterschrieben hat, auf dem auf die Möglichkeit eines Totalverlusts hingewiesen wurde, tat laut den Höchstrichtern nichts zur Sache.

Der Mann habe sich nämlich auf die Aussagen im Werbeprospekt ("sichere, breit gestreute Immobilienveranlagung in Zeiten stark schwankender Aktienmärkte") verlassen, heißt es in dem OGH-Urteil (4 Ob 65/10b). In seinem zweiten Entscheid (8 Ob 25/10z) sprach der OGH von einer "ursächlichen Fehldarstellung des Wertpapierrisikos im Verkaufsprospekt".

(APA)

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