Führungsfehler

Wechselseitige Beweihräucherung

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Kolumne. Es begann mit der kleinen Bitte einer früheren Mitarbeiterin, ihr doch eine Empfehlung auf LinkedIn zu schreiben. Gerne, sagte man, und schrieb frei heraus, was man an ihr schätzte.

Die solcherart Geehrte bedankte sich umgehend – mit einer überschwänglichen Gegenempfehlung. Beim Lesen errötete man sanft.

Kurz darauf äußerte eine ebenfalls hochgeschätzte Geschäftspartnerin dieselbe Bitte. Auch ihr kam man gerne nach. Prompt antwotete sie mit einer herzerwärmenden Gegenempfehlung.

Aha, dachte man, da steckt System dahinter. Ich empfehle dich, du empfiehlst mich. Wenn das klassische Arbeitszeugnis keinen Wert mehr hat (weil zunehmend selbstgeschrieben), lass andere dich loben. Und lobe sie zurück.

Die Trendforscherfamilie Horx hat einen Namen für das Phänomen: „LinkedIn-Flex“, den Trend zur Selbst- oder wechselseitigen Beweihräucherung (jugendsprachlich „flexen“). Da werden Pflichtpraktika zu „life-changing challenges“ erhöht, Jobwechsel mit „honored and humble“-Dankesreden verkündet und die persönliche Vita als „thrilling personal jouney“ inszeniert. Pathos oder Parodie? Man weiß es nicht.

Aber man fühlt sich ertappt.

Und reagiert ausgesprochen pikiert, als die sympathische PR-Lady, die einen kurz vor den Feiertagen um eine Empfehlung bat („als Weihnachtsgeschenk“), nicht umgehend eine Gegenempfehlung postet. Na schön, vielleicht ist sie auf Weihnachtsurlaub.

Aber viel Zeit gibt man ihr nicht mehr.

Diese Kolumne startete im Jänner 2015 mit dem Anspruch, die lustigen, traurigen, zum Kopfschütteln anregenden, manchmal tragischen Varianten von Führungs- und anderen Fehlern abzubilden. Die finden sich überall: im gigantischen Konzern wie in der Kleinfamilie.

Wenn Sie einen Führungsfehler loswerden wollen, schreiben Sie an: andrea.lehky@diepresse.com

Ähnlichkeiten mit realen Personen und Organisationen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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