Morgenglosse

Es geht um mehr als um die Silvester-Sperrstunde

Herwig Ostermann (Geschäftsführer der Gesundheit Österreich GmbH) und Simulationsforscher Niki Popper
Herwig Ostermann (Geschäftsführer der Gesundheit Österreich GmbH) und Simulationsforscher Niki PopperAPA/ROLAND SCHLAGER
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Für das Klein-Klein sind die Gecko-Expertinnen und Experten überqualifiziert. Sie sind auch keine Ersatzbeamten.

Wie würde wohl ein Diagramm der Mitglieder der Stabsstelle Gecko aussehen, das zeigt, in wie vielen Gremien diese sonst noch sitzen und wie sich all diese Taskforce-Board-et cetera-Stäbe  zueinander verhalten – machtmäßig sowie stundenplanmäßig?

Das Ergebnis wäre wahrscheinlich ein ziemlich lustiges Linien-Knäuel. Hinter das man aber ein ernstes Ausrufezeichen setzen muss. Denn das Linien-Wirrwarr illustriert Zweierlei: So kompetent all die Experten und Expertinnen sind - bei so vielen Aufgaben (neben dem eigentlichen Job) ist deren Zeitressource für Gecko knapp. Und: Auch wenn das Gremium neu ist, so sind es die Experten nicht. Die meisten wurden schon bisher von der Politik zum Pandemiemanagement gehört.

Soll Gecko also nicht die nächste Ampelkommission werden, muss sich vor allem eines ändern: die Haltung derer, die all diese Gremien einsetzen.  Es braucht einen Schwenk zu dem, was eh schon die ganze Zeit gefordert wird - zu frühzeitigen Maßnahmen, ldie einsetzen, wenn der Hut noch nicht brennt, und zu langfristigen Strategien. Die zu diskutieren, die Mittel dafür einzufordern – dafür ist das Gecko-Gremium der richtige Ort. Als bloßer Überbringer unangenehmer tagesaktueller Nachrichten – Stichwort: Sperrstunde zu Silvester – sind die Mitglieder hingegen dezent überqualifiziert.

Statt über eine 22h- oder 23h-Sperrstunde sollte man also z. B. lieber über die Frage nach der neuen roten Linie diskutieren, die Komplexitätsforscher Peter Klimek mit Blick auf Großbritannien  aufgeworfen hat. Angesichts der hohen Ansteckungsrate von Omikron muss man neben dem System Spital nun auch andere im Auge haben und fragen:  Wie viele Lehrer, Lkw-Fahrer, Angestellte im Energiesektor können ausfallen, bevor ein Sektor zusammenbricht? Wo liegen die „Alarmgrenzen“, wie verhindert man ihr Erreichen?

Reden sollte man in Gecko aber auch über die quasi eigene (Krisen-)Personalsituation. Seit Beginn der Pandemie sind die betroffenen Ministerien eher schlecht aufgestellt. Experten von außen können zwar beraten, sie sind aber keine Ersatz-Beamten, die die großen Linien operativ im Alltag umsetzen.  Die tägliche Arbeit muss der Staat schon selber machen.

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