Macht Deripaska Strabag zum Marktführer?

Macht Deripaska Strabag Marktfuehrer
Macht Deripaska Strabag Marktfuehrer(c) FABRY Clemens
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Oleg Deripaska wird seine Option über 25 Prozent der Strabag-Aktien ziehen. Bezahlen wird er sie teilweise mit Anteilen seiner eigenen Baufirmen. Die Strabag könnte so zu Russlands Nummer eins werden.

[Moskau]Wie oft die Verhandlungsdelegationen oder die Konzernchefs selbst in den vergangenen Wochen zwischen Moskau und Wien hin und her geflogen sind, ist in den Firmenzentralen nicht zu erfahren. Der russische Oligarch Oleg Deripaska jedenfalls soll mehrmals in Wien gewesen sein. Dort, wo er sich vor der Krise sogar vergeblich um eine Staatsbürgerschaft bemüht hatte, bemühten er und Strabag-Chef Hans Peter Haselsteiner sich nun bis zuletzt, eine adäquate Struktur für ihr künftiges Geschäftsverhältnis zu basteln.

Deripaska zahlt per Anteilstausch

Fest steht, dass der verschuldete russische Multimilliardär die zuvor verlängerte Option für die Übernahme von 25 Prozent an der Strabag endgültig ziehen und damit in den österreichischen Konzern zurückkehren wird. Haselsteiner selbst hat dies vor wenigen Tagen mitgeteilt und dabei mit mehrwöchiger Verzögerung einen Bericht der „Presse“ von Anfang Oktober bestätigt, wonach Deripaska den rund 500 Mio. Euro teuren Anteil nicht nur mit Geld, sondern auch mit Anteilen an seinen russischen Baufirmen erwerben wird.

„Die große Überraschung wird das Verhältnis von Geld und Anteilstausch sein“, sagt eine informierte Quelle aus der Moskauer Baubranche zur „Presse“. „Weil Deripaska Geldmangel hat, könnte er sogar die Kontrollmehrheit an seinen Baufirmen abtreten.“ Deripaskas Konzernsprecher, Sergej Babitschenko, lehnte einen Kommentar dazu ab. Nur so viel: Es werde am Montag eine Presseerklärung sowohl zur Call-Option als auch zum Bauauftrag für das olympische Dorf in Sotschi geben.

Deripaskas Baufirmen Transstroj und Glavstroj sind bedeutende Spieler auf dem Markt. Eine sorgfältige Analyse der Unternehmen muss die Strabag freilich erst durchführen. Klar ist aber, dass sie mit einer Mehrheitsbeteiligung zum russischen Marktführer aufsteigen würde.

Es ist diese Perspektive, die Branchenkenner als Motiv dafür ausmachen, dass die Strabag kürzlich auch die peinliche Verlängerung der eigentlich nur bis 15. Oktober gültigen Option für den finanziell angeschlagenen Tycoon in Kauf genommen hat. Dazu kommt, dass die Strabag nur über Deripaskas einheimische Firmen den Fuß in die Tür zu den lukrativen Staatsaufträgen mit ihren höchst intransparenten Vergabemodalitäten in Russland bekommen kann. Und dass Noch-Magna-Chef und Strabag-Aufsichtsrat Siegfried Wolf, ein Duzfreund des russischen Premiers Wladimir Putin, künftig als Aufsichtsratschef Glavstroj und de facto auch Transstroj lenken wird, gilt als Zeichen, dass Deripaskas Rückkehr zur Strabag ganz oben abgesegnet worden ist. Das schafft Sicherheit in einem unkalkulierbaren Staat. Dieser hat Deripaska in der Krise nicht im Stich gelassen. Und auch wenn der Milliardär zwischendurch von Putin wie ein unfolgsamer Schuljunge öffentlich vorgeführt worden ist, so besteht zwischen den beiden offenbar doch nach wie vor ein gutes Verhältnis oder wenigstens eine Ko-Abhängigkeit.

Zweite Russland-Story

Mit der Rückkehr Deripaskas, der den 2007 um 1,2 Mrd. Euro erworbenen Anteil an der Strabag 2009 zur Besicherung von Krediten hat verpfänden müssen, beginnt daher für den Baukonzern quasi eine zweite Russland-Story. Mit der ersten wurde ja 2007 Stimmung vor dem Börsengang gemacht. Deripaska freilich, der auf die Strabag zugekommen war, um Know-how nach Russland zu transferieren, hat die Erwartungen der Österreicher an ihn nicht erfüllt. Einzig den Auftrag zum Umbau des Flughafens nahe Sotschi haben die Österreicher von ihm erhalten.

Nun steht bei der Strabag bereits die nächste Einsatzmannschaft für Sotschi bereit. So gut wie fix rechnet man bei dem Baukonzern damit, dass man den Zuschlag erhält, das olympische Dorf in Sotschi für etwa 600 Mio. Euro zu errichten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2010)

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