Zinshäuser: „Das Wiener Gold gibt man nicht gern her“

Zinshaeuser bdquoDas Wiener Gold
Zinshaeuser bdquoDas Wiener Gold(c) FABRY Clemens
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So wenige Angebote, so viele Interessenten: Weil Zinshäuser in Wien schon knapp sind, ging das Umsatzvolumen zurück.

249 Millionen Euro wurden im ersten Halbjahr 2010 in Wiener Zinshäuser investiert – im Vergleichszeitraum 2009 waren es 340 Millionen gewesen. Diese Zahlen sind allerdings kein Zeichen dafür, dass das Interesse abgeflaut wäre – ganz im Gegenteil. „Die Lage spitzt sich dramatisch zu, die Nachfrage übertrifft deutlich das Angebot“, sagte etwa Eugen Otto, Geschäftsführer der Otto-Immobilien-Gruppe, anlässlich der Präsentation des aktuellen Zinshausmarktberichts diese Woche. Im ersten Bezirk sind aus diesem Grund die Umsätze gar um 70 Prozent eingebrochen, auch die Bezirke fünf, sechs und sieben sind im Umsatzranking auffällig zurückgefallen.

Enorme Nachfrage in Ottakring, Hernals

Innerhalb des Gürtels ist das Angebot knapp geworden und so verlagert sich die Nachfrage „immer weiter nach außerhalb des Gürtels“, berichtet Richard Buxbaum, Leiter der Abteilung für Wohnimmobilien und Zinshäuser bei der Otto Immobilien Gruppe: „Die Bezirke Hernals und Ottakring haben eine enorme Nachfrage verzeichnet. Auch Märkte, insbesondere der Naschmarkt und der Karmelitermarkt, ziehen Investoren fast magisch an.“ Als neue Hotspots gelten auch der dritte Bezirk, speziell um den Rochusmarkt, und das Freihausviertel in der Wieden. Weiteres Potenzial sehen die Experten auch im neunten Bezirk.

Warum so wenige Zinshäuser auf den Markt kommen? „Bei den Zinshäusern handelt es sich um ,Wiener Gold‘. Man gibt es nur her, wenn man eine entsprechende Gegenleistung bekommt. Und auch dann nicht immer“, erklärt Otto. Verkauft wird nur dann, wenn es beispielsweise mehrere Eigentümer gibt, die sich nicht einigen können. Oder aber, wenn man verkaufen muss. Ein weiterer Grund: Wenn ein Verkäufer der Meinung ist, dass die Preise sinken werden – und jetzt einen Gewinn lukrieren will.

Wer kauft, der plant in Generationen und will die Häuser auch halten, bestätigt Wolf-Dietrich Schneeweiss von der Immobilienkanzlei Schneeweiss. „Bei den aktuell geringen Zinsen ist man mit einem ,Dreiprozenter‘ auch gut bedient.“

Und bewirtschaftet man die Zinshäuser geschickt, kann daraus durchaus ein „Vierprozenter“ werden. Daher investieren viele Zinshauseigentümer auch in ihre Objekte. „Der Trend geht eindeutig dahin, den Bestand zu pflegen und abzusichern“, erklärt Otto. „Eine Vielzahl unserer Klienten sind Privatpersonen, die mit Freude in ihre Immobilien investieren.“ Die Häuser werden renoviert, isoliert, Aufzüge werden eingebaut, Wohnungen zusammengelegt und mit moderner Technologie versehen. „Das Zinshaus ist wie ein Kunstwerk: einzigartig und wertvoll. Und mit entsprechenden gestalterischen Mitteln kann man echte Aufwertungen erzielen“, meint Schneeweiß.

Schnelle Gewinne sind nicht das Ziel

Die Preise für Zinshäuser sind laut Marktbericht seit dem letzten Jahr in ganz Wien gestiegen. Spitzenreiter ist nach wie vor die Innenstadt mit einer durchschnittlichen Preisspanne von 3200 bis 5100 Euro pro Quadratmeter. Im fünften, sechsten, siebten Bezirk zahlt man 800 bis 2350 Euro, in Ottakring und Hernals 550 bis 1250 Euro. Die Renditen liegen in diesen beiden Bezirken zwischen 4,4 bis 5,7 Prozent, in Mariahilf, Neubau, Margareten reicht die Spanne von 2,8 Prozent bis 4,3 Prozent. Und in der Innenstadt muss man sich mit 1,7 bis 3,7 Prozent begnügen.

Aber wer Zinshäuser kauft, für den steht in Wien der schnelle Gewinn ohnehin nicht im Vordergrund. Und dass die Objekte einen drastischen Wertverlust erleiden, steht nicht zu befürchten: „Dort, wo Qualität gegeben ist, werden die Preise hoch bleiben und auch weiter steigen“, sagt Buxbaum.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.11.2010)

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