Energie

Gewessler kritisiert "Greenwashing" der Atomenergie

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne)
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne)APA/HERBERT NEUBAUER
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Die EU-Kommission will Gas- und Kernenergie unter bestimmten Bedingungen als klimafreundlich klassifizieren. Österreichs Umweltministerin kündigt an, "den Klagsweg zu beschreiten".

Für Klimaschutzministerin Eleonore Gewessler (Grüne) ist der Entwurf der EU-Kommission zur unter den Mitgliedstaaten umstrittenen Einstufung von Gas- und Kernenergie als unter bestimmten Bedingungen klimafreundlich "nicht akzeptabel". Das bekräftigte sie am Montag im "Morgenjournal" des ORF-Radios Ö1. Für den Fall, dass die Kommission die Pläne tatsächlich so umsetzt, kündigte die Ministerin einmal mehr an, auf Basis eines Rechtsgutachtens "den Klagsweg zu beschreiten".

Gewessler betonte, dass das Einstufungsschema (Taxonomie) von Energieformen durch Brüssel als Label für Finanzprodukte, wie Investmentfonds diene. Der Finanzmarkt spiele eine große Rolle bei der Umleitung von Geldströmen hin zu mit Sicherheit umwelt- und klimaschützenden Technologien. Daher brauche es ein glaubwürdiges Label, auf das sich Anleger verlassen können: "Grün" dürfe nur auf Finanzprodukten stehen, wo auch grün drin sei.

>>> Wie Brüssels Atomkraft-Vorhaben den Kontinent spalten

Zugleich habe das Labelling von Finanzprodukten aber nichts mit der nationalen Energiepolitik von EU-Mitgliedstaaten zu tun. Jedes Land könne und müsse ihre künftige Energiepolitik für sich entscheiden.

Entwurf eine Stunde vor Mitternacht

Gewessler kritisierte erneut die Vorgangsweise der EU-Kommission, den Vorschlag am Silvestertag eine Stunde vor Mitternacht an die Mitgliedstaaten zu versenden. Den Mitgliedstaaten blieben nun nur zwölf Tage, um die Pläne zu kommentieren - und das "unter Ausschluss von öffentlicher Beteiligung, von Konsultation". Mitstreiter ihrer Linie sieht die Ministerin in Deutschland und Spanien. Sie will weitere Allianzen gegen die Pläne bilden. Es blieben ein erhöhtes Quorum unter den Mitgliedsländern, eine einfache Mehrheit im EU-Parlament oder die avisierte Klage, um die Pläne zu Fall zu bringen.

Konkret sieht der Entwurf der EU-Kommission vor, dass vor allem in Frankreich geplante Investitionen in neue AKW als grün klassifiziert werden können, wenn die Anlagen neuesten technischen Standards entsprechen und wenn ein konkreter Plan für den Betrieb einer Entsorgungsanlage für hoch radioaktive Abfälle ab spätestens 2050 vorgelegt wird. Zudem ist als eine weitere Bedingung vorgesehen, dass die neuen kerntechnischen Anlagen bis 2045 eine Baugenehmigung erhalten. Investitionen in neue Gaskraftwerke sollen insbesondere auf Wunsch Deutschlands übergangsweise ebenfalls als grün eingestuft werden können. Dabei soll zum Beispiel relevant sein, wie viel Treibhausgase ausgestoßen werden.

Für Anlagen, die nach dem 31. Dezember 2030 genehmigt werden, wären dem Vorschlag zufolge nur noch bis zu 100 Gramm sogenannte CO2-Äquivalente pro Kilowattstunde Energie erlaubt - gerechnet auf den Lebenszyklus.

>>> Bericht im Ö1-"Morgenjournal“ 

(APA)

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