Coronavirus

Epidemiologe für "Überdenken" der Impfpflicht

Children are vaccinated against COVID-19 in Ebersberg near Munich
Children are vaccinated against COVID-19 in Ebersberg near MunichREUTERS
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Gerald Gartlehner plädiert für eine Neubewertung der Impfpflicht. Wie andere Experten auch tritt er für eine Lockerung der Quarantäneregeln ein.

Angesichts der sich aufbauenden Omikron-Welle hat die Covid-Krisenkoordination "Gecko" getagt. Nach Ende der Sitzung drangen vorerst keine Informationen über das Besprochene nach außen. Im Vorfeld des Bund-Länder-Gipfels zur Corona-Krise am Donnerstag mehrten sich unterdessen die Rufe nach einer Lockerung der Quarantäneregeln, auch der Epidemiologe Gerald Gartlehner sprach sich dafür aus.

Gartlehner tritt außerdem für ein Überdenken der ab Februar geplanten Impfpflicht ein. Man müsse davon ausgehen, dass man nach der Omikron-Welle ein Ausmaß an Immunität in der Bevölkerung haben werde, "wie wir es noch nie hatten", sagte Gartlehner. "Daher muss man die Impfpflicht nach der Omikron-Welle wahrscheinlich neu bewerten."

Der Experte von der Donau-Uni Krems sagte in der „ZIB 2“, einen Lockdown könne man „nicht ausschließen". Es werde sehr viel davon abhängen, wie schnell Politik jetzt reagiert. Den Rekord an täglichen Neuinfektionen von Mitte November werde man aber wohl jedenfalls übertrumpfen, so seine Erwartung.

Durchlaufen bringt „große Risiken"

Gefragt, ob man die Omikron-Welle nicht einfach schnell durchlaufen lassen könnte, verwies Gartlehner auf den in Österreich "doch sehr hohen Anteil" an Personen, die bisher überhaupt keinen Immunschutz haben. "Der Vorteil wäre, dass die Welle kürzer dauert, wir es schneller hinter uns haben und einen hohen Anteil an Immunisierten danach haben." Aber es würde auch "sehr große Risiken" bedeuten, "wahrscheinlich viele schwere Verläufe, überlastete Intensivstationen, überlastete Spitäler und viele Tote".

Zur Diskussion um die Verkürzung der Quarantäne sagte Gartlehner, bei K1-Kontaktpersonen, die sich derzeit nach fünf Tagen freitesten können, würde er auf drei oder vier Tage reduzieren. Bei Infizierten, die sich aktuell nach zehn Tagen freitesten können, "könnte man wahrscheinlich auf fünf Tage reduzieren", sofern sie asymptomatisch sind. Zuletzt hatte Gartlehner am Wochenende auch dafür plädiert, zur Aufrechterhaltung der Infrastruktur auch Infizierten mit milden Symptomen das Arbeiten zu gestatten - diese Maßnahme sieht er nun aber nur als Möglichkeit in der Zukunft: "Symptomlose, die positiv getestet sind, würde ich wahrscheinlich noch nicht arbeiten gehen lassen. Das wäre die nächste Stufe" - nämlich, wenn zu viele Personen in der kritischen Infrastruktur ausfallen würden, gab Gartlehner zu verstehen.

Experten fordern „strategische Entscheidung"

Nach der Sitzung am Dienstagabend forderte Gecko-Mitglied und Simulations-Experte Niki Popper von der TU Wien, dass die Politik nun Zielvorgaben setze, dies müsse "schnell passieren". Rotkreuz-Bundesrettungskommandant Gerry Foitik, der ebenfalls Gecko-Mitglied ist, sagte gegenüber der "Zeit im Bild", er erwarte sich eine "strategische Entscheidung der Regierung".

Forderungen nach Lockerungen bei den Quarantäne-Bestimmungen kamen am Dienstag sowohl aus den Bundesländern  als auch aus der Wirtschaftskammer. Argumentiert wird damit, dass andernfalls die Gefahr droht, dass das ganze Land stillsteht. Die Wirtschaftskammer und der ÖVP-Wirtschaftsbund drängten darauf, dass Geimpfte und Genesene auch bei Omikron wieder als K2 eingestuft werden sollen. Es gelte alles daran zu setzen, "dass das wirtschaftliche Leben weitgehend am Laufen gehalten wird und versorgungsrelevante Produktionen und Infrastruktur nicht gefährdet werden", hieß es seitens der WKÖ.

Die Leiterin der Krisenkoordination, die Generaldirektorin für öffentliche Gesundheit, Katharina Reich, hatte bereits letzten Donnerstag in der "ZiB2" eine Änderung der Quarantäneregeln nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

Mit dem Auftauchen der neuen Virusvariante waren die Quarantäne-Regeln Mitte Dezember verschärft worden. Bei Kontakt mit einem Omikron-Infizierten gilt man - auch mit Impfung oder Genesung - als K1-Person, muss sich also absondern. Anfangs war auch die Quarantänedauer länger. Nach einer Änderung am 19. Dezember muss man aber nach entsprechendem Kontakt nur mehr zehn Tage in Quarantäne, nach fünf Tagen ist ein Freitesten möglich.

(APA)

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