Biologie

Unsere Honigbienen und das liebe Wetter

Nicht nur Kälte, sondern auch Wärme zur falschen Zeit kann Bienen schaden.
Nicht nur Kälte, sondern auch Wärme zur falschen Zeit kann Bienen schaden. Getty Images/EyeEm
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Fünf Prozent der Imker melden die Winterverluste ihrer Bienenvölker an die Uni Graz. Dort haben Wissenschaftler die Ergebnisse mit der Witterung verglichen und einen direkten Zusammenhang erkennen können.

Es ist ein Auf und Ab. Mit 28,4 Prozent wird im Winter 2014/15 ein Höchststand konstatiert, im Folgejahr waren es nur 8,1 Prozent, dann ging es wieder deutlich hinauf. Die Zickzacklinie weist die Verlustrate in Prozent bezüglich der Wintersterblichkeit von Honigbienen in Österreich aus.

Robert Brodschneider vom Institut für Biologie der Uni Graz ist der Mann, der hinter den Daten steht. Seit 14 Jahren laufen bei ihm die Berichte heimischer Bienenhalter zusammen. In den vergangenen zehn Jahren haben die jährlichen Meldungen einen so guten Stand erreicht, dass nun neue Erkenntnisse gewonnen wurden. Eine dieser Schlussfolgerungen ist, dass auch die Witterung eine maßgebliche Rolle spielt, „bis zu 20 Prozent“, sagt Brodschneider.

Die Sammlung der Daten, die Brodschneider und seine Kollegen auswerten, vollzieht sich in einem Citizen-Science-Projekt. Fünf Prozent der österreichischen Imker übermitteln freiwillig ihre Daten an die Uni Graz. Die Österreich-Statistik weist für 2020 insgesamt knapp 32.000 Imker mit 426.000 Bienenvölkern aus.

Für die Wintersterblichkeit werden die Schäden durch die Varroamilbe verantwortlich gemacht, weiters durch Viren, Pestizide in der Landwirtschaft, eine zu schwache Volksstärke oder ungenügend vorhandene Ernährung und letztlich auch durch Betriebsweise und Imkerfehler. Und nun hat der Grazer Zoologe durch seinen Zehnjahresvergleich die Wetterverhältnisse hinzugefügt.

Sammeltage ohne Niederschlag

Brodschneider teilt das Jahr in vier „Hypothesen“, eigentlich Perioden. Die erste setzt er von Anfang März bis Ende Oktober an. Je mehr gute Sammeltage die Bienen vorfinden – Tage mit mehr als null Grad Celsius und kein Niederschlag –, umso reichlicher erfolgt der Eintrag, ein guter Aufbau des Volkes und damit ein negativer Zusammenhang mit der Wintersterblichkeit. Hypothese zwei: der Spätherbst. Kälteperioden vom 15. Oktober bis zum 15. Dezember, die bei einer Tagestemperatur von höchstens drei Grad Celsius mindestens sieben Tage dauern, bedeuten ebenfalls eine geringere Wintersterblichkeit. Denn die Kälte ist ein Signal für die Winterruhe, die Königin stellt das Eierlegen ein. Das stoppt die Varroaentwicklung, die sich in der Brut vollzieht.

Nach der Kältewelle stehen – Hypothese drei – milde Wintertage im Jänner und Februar in einem negativen Zusammenhang mit der Wintersterblichkeit. Die Bienen können innerhalb des Stockes die Wabengassen überqueren und zu ihren Futtervorräten gelangen, und die Königin, die im Jänner mit der Brut beginnt, sorgt für den Aufbau eines starken Volkes.

Nun folgen nach Brodschneiders vierter Hypothese Februar und März. Treten hier zu viele äußerst kalte Tage auf, geht innerhalb des Bienenstocks das Futter aus. Je länger derartige Kälteperioden dauern, desto höher fällt die Wintersterblichkeit aus.

Das Grazer Biologieinstitut ist auch mit dem internationalen Netzwerk Coloss (Prevention of Honeybee Colony Losses) verbunden, das sich der Erforschung der weltweiten Verluste an Bienenvölkern widmet. Vorteil dieser Beteiligung ist die standardisierte Erhebung der Bienenvölker. Das österreichische Monitoring wurde die vergangenen sieben Jahre durch das Landwirtschaftsministerium gefördert, eine weitere Unterstützung ist noch nicht gesichert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2022)

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