ÖSV-Doppelsieg

Kaderlos durch den Stangenwald

(c) Getty Images (Alexis Boichard/Agence Zoom)
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Als Österreich die Slalomwelt dominierte, war für Johannes Strolz kein Platz mehr. Doch der Vorarlberger machte auf eigene Faust weiter. Nun führte er den ÖSV zurück auf die Siegerstraße.

Adelboden/Wien. Österreichs Befreiungsschlag wurde von Schweizer Kuhglocken begleitet. Denn in Adelboden rückte die ÖSV-Truppe die Kräfteverhältnisse in der Slalomwelt zurecht. Mit dem 29-jährigen Vorarlberger Johannes Strolz war es aber ausgerechnet ein Ausgemusterter, der die rot-weiß-rote Durststrecke beendete.

Die mit Abstand beste Slalommannschaft des Vorwinters drohte schon in einem Teufelskreis gefangen zu werden. Verantwortlich dafür waren eine Knöchelverletzung von Kugelgewinner Marco Schwarz, ein Kreuzbandriss von Vizeweltmeister Adrian Pertl, die Unform von Michael Matt, und ein Manuel Feller, der zwar im Riesentorlauf glänzte, aber im Slalom nicht mehr ins Ziel fand. Nach zwei Saisonrennen hatte Fabio Gstrein als 14. in Val-d'Isère für die beste ÖSV-Platzierung gesorgt.

In Adelboden, wo Tausende jubelnde Schweizer Skifans die Pandemie kurzzeitig vergessen machten, folgte nun die fast perfekte Show der Skination. Strolz ging mit Startnummer 38 und eigenhändig präparierten Skiern ins Rennen und gewann sein erstes Weltcuprennen überhaupt. Zweiter wurde Feller. Nur Gstrein, ex aequo mit Feller Führender nach dem ersten Durchgang, fädelte im Finale ein.

Sensationsmann Strolz fing erst gar nicht damit an, sich bei allen zu bedanken, die ihn in einem bewegten Jahr seiner Karriere unterstützt hatten. Mangels Erfolg (ein Top-Ten-Platz in acht Saisonen im Weltcup) war er nach dem vergangenen Winter aus den ÖSV-Kadern gestrichen worden. Er machte aber weiter, finanzierte und organisierte sich die Saisonvorbereitung selbst und schaffte es über eine ÖSV-Qualifikation vor Weihnachten zurück ins Weltcupteam. Stets an seiner Seite beim Projekt Weltcup-Comeback: Der Niederösterreicher Marc Digruber, 33, der im Frühjahr ebenfalls ohne Kaderplatz dastand und sich nun in Adelboden als 17. zurückmeldete.

„Einfach ein Traum. Das Wichtigste ist, dass ich meiner ganzen Familie danke, die immer hinter mir gestanden ist“, sagte Strolz, Sohn von Kombi-Olympiasieger Hubert Strolz (Calgary 1988), der mit Rat und Tat zur Seite stand („Er weiß, um was es da geht.“). Im Rückblick meinte der Mann aus Warth zu seiner ins Stocken geratenen Karriere: „Irgendwann fängst du schon an ein wenig zu überlegen.“ Aber: „Irgendwie habe ich das Gefühl gehabt, das war noch nicht alles, was ich gezeigt habe.“ In Adelboden, so mutmaßt er, habe er das Mittelmaß aus Perfektion und Lockerheit gefunden.

Unfreiwillige Schützenhilfe leistete beim Klassiker im Berner Oberland freilich das Top-Trio dieses Slalomwinters. Die Saisonsieger Clément Noël (FRA) und Sebastian Foss Solevåg (NOR), außerdem der Co-Weltcupführende Kristoffer Jakobsen (SWE) fielen bereits im ersten Durchgang aus. Dennoch: Mit fünf Athleten in den Top Ten präsentierte sich das ÖSV-Slalomteam gleich im ersten Lauf wieder standesgemäß. „Wir hatten einen äußerst schwierigen Saisonstart. Die Erwartungshaltung war hoch“, erklärte Chefcoach Marko Pfeifer. „Aber wir haben gewusst, dass wir das Skifahren bei Gott nicht verlernt haben. Heute war eine eindrucksvolle Vorstellung.“

Drei Slaloms warten noch vor den Winterspielen in Peking, darunter Kitzbühel und Schladming. Als Weltcupsieger wird Olympia auch für Strolz noch zum Thema werden, auch wenn er sich am Tag seines Sensationssieges dazu noch keine Gedanken machen wollte.
In der Slalomwertung geht es aus ÖSV-Sicht bergauf. Strolz, Feller und Co. katapultierten die Skination von Platz sieben immerhin zurück auf Rang drei.

Slalom Adelboden

1. Johannes Strolz (AUT) 1:50,05 Min.
2. Manuel Feller (AUT) +0,17 Sek.
3. Linus Straßer (GER) +0,29
Weiters: 4. Zenhäusern (SUI) +0,48 5. Aerni (SUI) +0,58 6. Meillard (SUI) +0,60 7. Vinatzer (ITA) +0,66 8. Yule (SUI) +0,68 11. Schwarz +0,78 16. Raschner +1,09 17. Digruber (alle AUT) +1,28.

(joe)

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