Geteilte Boxen erschweren Verwertung von Verlusten

Kapitaleinkünfte. Koalition will Ausgleichsmöglichkeiten nur innerhalb vergleichbar riskanter Anlageformen.

Wien. Die Verlustverwertung im Bereich der privaten Veräußerungsgewinne aus Finanzanlagen ist derzeit nur eingeschränkt möglich: Verluste aus Spekulationsgeschäften sind nur mit Gewinnen aus Spekulationsgeschäften desselben Kalenderjahres ausgleichsfähig. Dies wird vor allem mit der nur eingeschränkten Besteuerung von Gewinnen aus privaten Finanzanlagen innerhalb der Spekulationsfrist gerechtfertigt. Entfällt nun, wie im Budgetbegleitgesetz 2011–2014 vorgesehen, die Spekulationsfrist und sollen Wertzuwächse von Kapitalvermögen umfassend besteuert werden, erscheint eine Ausweitung der Verlustverrechnungsmöglichkeiten unerlässlich.

Der Gesetzesentwurf sieht eine völlige Gleichstellung der betrieblichen und außerbetrieblichen Kapitaleinkünfte vor. Demgemäß wird die Anwendung der Verlustausgleichsbestimmungen auch auf Kapitaleinkünfte im betrieblichen Bereich ausgedehnt. Verluste aus betrieblichem Kapitalvermögen können mit Erträgen aus betrieblichem und privatem Kapitalvermögen ausgeglichen werden, allerdings künftig nicht mehr mit anderen betrieblichen Einkünften.

Darüber hinaus soll innerhalb des Kapitalvermögens auch noch zwischen zwei „Verlustboxen“ unterschieden werden: So sollen z.B. Dividenden und GmbH-Ausschüttungen mit Verlusten aus der Veräußerung der entsprechenden Produkte (also Aktien, GmbH-Anteile) und aus Derivaten ausgleichbar sein. Zinsen aus Sparbüchern, Forderungswertpapieren usw. sollen wiederum nur mit Verlusten aus der Veräußerung gleichartiger Produkte verrechenbar sein.

Die Einteilung in Verlustboxen ist dem Entwurf zufolge dem Umstand geschuldet, dass Aktien und Derivate tendenziell risikoreicher sind als Forderungswertpapiere und Sparbücher. Es leuchtet ein, dass Verluste aus der privilegiert besteuerten Einkunftsart Kapitalvermögen (25% an der Quelle) nicht im gleichen Verhältnis die Einkünfte aus den übrigen, nicht bevorzugt besteuerten Einkunftsarten mindern sollen.

Nur am Gewinn voll beteiligt?

Kritisch ist jedoch zu bemerken, dass das erhöhte Risiko bei Aktien und Derivaten nicht nur zu erheblichen Verlusten führen kann, sondern auch zu erhöhten, voll steuerpflichtigen Gewinnen. Vor dem Hintergrund des Leistungsfähigkeitsprinzips ist schwer nachvollziehbar, dass ein Steuerpflichtiger, der in gleicher Höhe einen Gewinn und einen Verlust aus Aktien erzielt, diese voll ausgleichen kann und somit keiner Besteuerung unterliegt. Wird hingegen ein Aktienverlust in gleicher Höhe wie ein Gewinn aus Forderungswertpapieren erzielt, so wären diese nicht ausgleichsfähig, und der Steuerpflichtige unterläge ohne Vermögenszuwachs der Besteuerung.

Mag. Strunz, LL.M. ist Associate bei Wolf Theiss Rechtsanwälte, Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.11.2010)

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