Anti-Abfall-Gesetz

Frankreich verbietet die Zerstörung unverkaufter Kleidung

Die Öko-Bilanz einzelner Kleidungsstücke wird nun ausgeschildert.
Die Öko-Bilanz einzelner Kleidungsstücke wird nun ausgeschildert.Reuters
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Mit ersten Jänner sind in Frankreich einige neue Maßnahmen des Anti-Abfall-Gesetzes in Kraft getreten, darunter das Verbot unverkaufte Kleidung zu zerstören und die Pflicht, den ökologischen Fußabruck einzelner Produkte zu kennzeichnen.

Im Februar 2020 beschloss das französische Parlament das Kreislaufwirtschaftsgesetz. Das Ziel: ein Ende der Wegwerfgesellschaft. Bereits seit 2016 dürfen französische Supermärkte unverkaufte Ware nicht wegwerfen - mit ersten Jänner wurde dieses Verbot auch auf andere Konsumgüter ausgeweitet und betrifft neben Kleidung auch Elektronik, Kosmetika, Spielzeug oder Sportartikel. Laut Angaben des französischen Umweltministeriums wurden in Frankreich jährlich bisher neue Konsumgüter im Wert von mehr als 650 Millionen Euro vernichtet oder weggeworfen.

Gemischte Reaktionen

In der Modebranche, die ja in der Vergangenheit mit der Zerstörung von Neuware immer wieder für Negativschlagzeilen gesorgt hat, wird die neue Regelung mit gemischten Gefühlen aufgenommen, immerhin droht bei Nichtbeachtung eine Strafe von bis zu 15 Tausend Euro. Elizabeth Cazorla, Managerin der digitalen Verkaufsplattform des französischen Kaufhauses schlechthin, der Galeries Lafayette, begrüßt, dass der Aspekt Nachhaltigkeit somit vom Kunden hin zum Unternehmen verschoben wird.  Sie erhofft sich von den neuen Vorschriften auch mehr Möglichkeiten für Handelsunternehmen: „Verwertungsstrategien werden so innerhalb der Branche zugänglich gemacht, und für Konsumentinnen und Konsumenten einsehbar“, sagt sie gegenüber dem Branchenmedium WWD.

Die Zerstörung von neuwertiger Ware, etwa zum Schutz des Markenwerts, ist nicht nur aus Gründen der Nachhaltigkeit verwerflich, sondern macht auch aus ökonomischer Perspektive wenig Sinn. Das zeigt etwa eine Studie der französischen Agentur für ökologische Veränderung (ADEME). Sie schätzt den Wert unverkaufter Modeartikel des Jahres 2019 auf 1,7 Milliarden Euro, das sind etwa 4,1 Prozent des Gesamtumsatzes der Branche. Davon wurden bisher etwa 5 Prozent zerstört, 23 Prozent auf anderen Verkaufswegen verkauft, 20 Prozent an Hilfsorganisationen gespendet und rund 10 Prozent recycelt. Zerstört wurden also bisher zwischen 10 und 20 Tausend Tonnen Textilien pro Jahr.

Was tun mit dem Überschuss?

Schon bisher hatten Händler Strategien, überschüssige Ware anzubringen, etwa durch Recycling-Programme, Outlet-Verkäufe, Rückgabe an Lieferanten, oder die Weitergabe an Hilfsorganisationen. Gerade für Premium- oder Luxusmarken, die oft um den Marktwert ihrer Produkte besorgt sind, würde sich der Ausbau von Wiederverwertungs- oder Upcycling-Programmen anbieten. Hier warte die Branche aber noch auf neue Entwicklungen, die die nachhaltige Wiederverwendung von einzelnen Materialien gut möglich macht, gerade durch das neue Gesetz erwartet man sich einen Entwicklungsschub.

Kommt ein EU-weites Umweltzertifikat?

Nicht nur, ob ein Kleidungsstück oft getragen im Schrank eines Endkonsumenten landet, sagt etwas über seine Nachhaltigkeit aus. Auch Produktionskette und -zyklen, sowie Produktionsmanagement sind dabei entscheidend. All diese Faktoren sollen in einer geplanten Zertifizierung von Kleidungsstücken, analog zu der bereits existierenden von Elektronikgeräten, berücksichtigt werden. In Frankreich werden in einer derzeit laufenden sechsmonatigen Testphase verschiedene Bewertungssysteme ausprobiert, auch die EU liebäugelt mit einer europaweiten  Zertifizierung, auf der auf einer einfachen Skala von A bis E umweltrelevante Eigenschaften eines Kleidungsstücks möglichst verständlich zugänglich gemacht werden.

Soweit die Idee - in der Umsetzung hapert es da noch etwas, da es sich aufgrund komplexer Lieferketten in der Modebranche oft um schwierig zu erhaltene Informationen handelt.  Außerdem finden Aspekte wie Biodiversität, Mikroplastik oder nachhaltige Landwirtschaft derzeit nur schwer Berücksichtigung. Der „EcoDesign Score“, jene Zertifizierungsmethode, die von offiziellen französischen Branchenvertretern und der Regierung bevorzugt wird, berücksichtigt jedenfalls ökologisches Design und Haltbarkeit. Bewährt es sich während der Testphase, könnte es bald europaweit eingeführt werden. Der globalen Modebranche könnte davon insofern profitieren, als auch die Kundschaft neues Vertrauen in die Branche fassen könnte. Dem ausgeprägten Maß an Greenwashing in der Textilindustrie steht sie schon etwas ermüdet gegenüber.

>>> Zur Studie der ADEME

(chrima)

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