Grundrechte

Höchstgericht öffnet Adoption durch Lebensgefährten

Der Verfassungsgerichtshof unter Präsident Christoph Grabenwarter und Vizepräidentin Verena Madner hat das Familienrecht wieder ein stückweit liberalsiiert
Der Verfassungsgerichtshof unter Präsident Christoph Grabenwarter und Vizepräidentin Verena Madner hat das Familienrecht wieder ein stückweit liberalsiiertimago images/NurPhoto
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Aus verfassungsrechtlichen Gründen darf die Annahme an Kindes statt nicht nur Ehepaaren und eingetragenen Partnern vorbehalten sein, entschied der VfGH.

Ab sofort können auch Lebensgefährten zu zweit Kinder adoptieren. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat entschieden, dass es dem Recht auf Familienleben und dem Gleichheitsgrundsatz widerspräche, unverheiratete und unverpartnerte Paare von der Annahme an Kindes statt auszuschließen. Um diese auch Lebensgefährten zu ermöglichen – sei es durch beide zugleich oder nacheinander –, bedarf es weder einer Gesetzesaufhebung oder einer neuen Entscheidung des Gesetzgebers, sondern nur einer Auslegung des ABGB im Sinne der Menschenrechte.

Die Vorgeschichte: Ein Mann, der mit seiner Partnerin unverheiratet in einer Lebensgemeinschaft lebt, hat ein Kind adoptiert, das die beiden zuvor in Pflege hatten. Die Lebensgefährtin des Mannes und das Kind schlossen daraufhin ebenso einen Adoptionsvertrag ab, wobei das Kind durch seinen Adoptivvater vertreten wurde. Sie beantragten beim Bezirksgericht Zell am See, diesen Vertrag zu bewilligen. Das Gericht wies den Antrag ab. Begründung: Das Gesetz erlaube nur Ehegatten oder eingetragene Partner eine gemeinsame Adoption, Lebensgefährten seien davon ausgeschlossen.

Recht auf Familienleben und Gleichheitssatz verletzt

Die Lebensgefährten und das Kind beantragten daraufhin beim VfGH, er möge das Gesetz überprüfen.  In seiner am Montag der Familie zugestellten Entscheidung stellt das Höchstgericht fest, dass das Bezirksgericht die angefochtene Bestimmung falsch ausgelegt habe. Diese stehe in Wahrheit  der gemeinsamen Adoption durch Lebensgefährten gar nicht im Wege: Es verstieße sowohl gegen das Recht auf Familienleben (Art 8 EMRK) als auch gegen den Gleichheitsgrundsatz, Lebensgefährten generell von der Möglichkeit der gleichzeitigen oder aufeinanderfolgenden Adoption auszuschließen (G 247/2021).

Denn Adoptionsverträge seien zu bewilligen, wenn die Adoption dem Kindeswohl entspreche und eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern entsprechende Beziehung bestehe oder hergestellt werden solle. Unter diesen allgemeinen Voraussetzungen steht auch Lebensgefährten die gleichzeitige oder aufeinander folgende Adoption grundsätzlich offen, teilte der VfGH in einer Presseaussendung mit.

Erfolgreich gescheitert

Die Familie scheiterte also zwar mit ihrem Antrag an den VfGH, die Bestimmung aufzuheben. Sie setzte aber durch, dass das pflegschaftsgerichtliche Verfahren über die Bewilligung des Adoptionsvertrags vom Landesgericht Salzburg als Rekursgericht fortgesetzt werden muss.

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