Begutachung

Impfpflichtgesetz bringt Rekord an Stellungnahmen ein

Teilnahme am öffentlichen Leben nur unter Voraussetzung eines gültigen Impfzertifikats? Das wollen viele nicht akzeptieren.
Teilnahme am öffentlichen Leben nur unter Voraussetzung eines gültigen Impfzertifikats? Das wollen viele nicht akzeptieren. Getty Images
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108.325 Stellungnahmen zur geplanten Impfpflicht sind vor Ablauf der Begutachtung eingegangen - so viele wie noch nie. Auch auf anderer Ebene mehren sich die Stimmen nach einer Verschiebung. Die Regierung hält dennoch an ihrem Fahrplan fest.

Das Begutachtungsverfahren des Gesetzes für die Impfpflicht hat einen Rekord gebrochen. Bis Ende der Frist Montag Mitternacht sind 108.325 Stellungnahmen - so viele wie noch nie - auf der Website des Hohen Hauses eingetroffen, berichtete die Parlamentskorrespondenz. Der Großteil davon kam von Privatpersonen, die ihren Protest gegen das Vorhaben oftmals in gleichlautenden Texten zum Ausdruck brachten. Die Wirtschaftskammer plädiert für eine Verschiebung der Impfpflicht.

Die Stellungnahmen werden nun dem Gesundheitsressort übermittelt. Insgesamt seien noch nie so viele Kommentare zu einem Gesetzesvorhaben in der Parlamentsdirektion eingelangt, hieß es. Ausreichend Diskussionsmöglichkeit über diese Materie wird es noch am 17. Jänner im Gesundheitsausschuss geben, wo der Entwurf für das Covid-19-Impfpflichtgesetz in Form eines wortgleichen Initiativantrags von ÖVP und Grünen im Rahmen eines öffentlichen Expertenhearings behandelt wird. Auch dazu liegen bis jetzt schon fast 77.000 Stellungnahmen vor.

Kann der Starttermin eingehalten werden?

Nicht nur gleichlautenden Protest, auch tatsächliche Detailkritik hat es im Begutachtungsverfahren gegeben. So sorgte etwa die Stellungnahme der ELGA GmbH für Aufsehen, wonach die technische Umsetzung der Impfpflicht erst frühestens ab April möglich sei.

Kritik hatte es auch von der Verwaltungsgerichtsbarkeit gegeben. Aufgrund der zu erwartenden Beschwerden etwa gegen Strafen sei man personell nicht ausreichend ausgestattet, hieß es in diversen Stellungnahmen. Einen immensen Verwaltungsaufwand und damit hohe Kosten befürchten auch Bundesländer, allen voran Wien. Der Bund würde dies stark unterschätzen, hieß es in der Tiroler Stellungnahme.

Die Sozialpartner meldeten sich gemeinsam zu Wort. In einer gemeinsamen Präambel, auf die die Wirtschaftskammer in ihrer Stellungnahme verweist, setzen sich Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite für ein schrittweises Vorgehen aus Information, Beratung und Anreizen zur Steigerung der Impfquote ein. Die Wirtschaftskammer weist explizit darauf hin, dass die gesetzliche Festlegung einer Impfpflicht aber nur die Ultima Ratio sein kann und empfiehlt derzeit eine Verschiebung des Inkrafttretens der Impfpflicht.

Regierung hält an Fahrplan fest

Die Regierung beharrt dennoch weiterhin auf ihrem Vorhaben, die Impfpflicht mit Anfang Februar einzuführen. Der ursprünglich geplante 1. Februar als Starttermin kann zwar nicht eingehalten werden, da der Bundesrat erst am 3. dieses Monats tagt. Doch ÖVP-Klubchef August Wöginger bekräftigt: „Wir werden diese allgemeine Impfpflicht einführen. Sie wird Anfang Februar in Kraft treten“. Und erläutert: „Warum? Die Gecko-Kommission hat eindeutig festgehalten, impfen schützt und nützt“.

Mit großen Änderungen ist nach dem Ende der Begutachtung nicht zu rechnen, glaubt man den Aussagen von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP). Bis ELGA technisch bereit ist, soll es eine Art Übergangsphase geben, aber jedenfalls bereits Geldstrafen bei Verstößen. Es handle sich dabei nur um „technische Details“, so Nehammer. Am Gesetzesentwurf selbst könnte lediglich ein „Feinschliff“ vorgenommen werden.

Was wiederum FPÖ-Chef Herbert Kickl dazu veranlasst, von einer „Verhöhnung“ zu sprechen. „180.000 Stellungnahmen gegen das kommende Impfzwang-Gesetz, Einwände der ELGA Gmbh und viele Gegenstimmen von Verfassungsrechtlern, Datenschützern, Ärzten und weiteren Experten stören den Kanzler keineswegs, weiter faktenbefreit und ohne wissenschaftlichen Hintergrund weiterzuwurschteln“, schreibt er in einer Aussendung.

Impfpflicht spaltet SPÖ

Nicht ganz einig scheint man sich unterdessen in der SPÖ zu sein. Während man in der Partei zunächst grundsätzlich für die Impfpflicht stimmte, stiegen am Montag die Landeschefs von Tirol und Salzburg auf die Bremse und forderten eine Verschiebung der Impfpflicht - und folgten damit dem Beispiel von Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Am Dienstag stimmte der SPÖ-Landesvorsitzende von Niederösterreich, Franz Schnabl in den Chor ein. Er sieht "einige Problemfelder, die das Gesetz betreffen, die vernünftig diskutiert werden müssen". Ob sich das bis Anfang Februar ausgehe, wisse er nicht. An sich trat Schnabl aber weiter für eine Impfpflicht ein.

Diese bleibt auch Linie der Bundespartei, wie Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch am Dienstag bekräftigte. Auch Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker oder Salzburgs Landeshauptmann Peter Kaiser hatten sich zuvor für das Umsetzen der Regierungspläne ausgesprochen. Deutsch sparte aber freilich nicht mit Kritik an der Regierung: Sie habe im Pandemiemanagement versagt, was die Impfpflicht überhaupt erst notwendig gemacht habe. Der Parteimanager sieht die Koalition jetzt gefordert, „endlich ihr Chaos zu beenden und eine ordentliche Umsetzung der Impfpflicht zu ermöglichen“.

Es liege nun an SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, für Geschlossenheit in ihrer Partei zu sorgen, forderte wiederum ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner. Sie müsse mit ihren roten Parteifreunden, allen voran Burgenlands SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil, ein klärendes Gespräch führen. Die Impfpflicht sei der einzige Ausweg, "um aus der Pandemie zu kommen und unsere Freiheit zurückzugewinnen“, so Sachslehner.

(APA/Red. )

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