Regierung plant Neustart der Medienförderung

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Ein einheitliches Medienförderungsgesetz soll auch reine Onlinemedien beinhalten - und sieht Qualitätskriterien vor. Die Regeln für Inseratenschaltungen sollen strenger werden.

Die Regierung nimmt sich vor, die heimische Medienförderung und Regeln für die Inseratenvergabe völlig zu verändern. Ein der APA vorliegender Ministerratsvortrag sieht einen Maßnahmenkatalog vor. Darin enthalten:  strengere Regeln und mehr Transparenz für Inseratenschaltungen sowie ein einheitliches Medienförderungsgesetz. Das Medienförderungsbudget soll steigen und reine Onlinemedien inkludiert werden, wobei Qualitätskriterien verankert werden sollen.

Die Vorschläge im Ministerratsvortrag sind nur eine Diskussionsgrundlage. Ab Februar wird die Regierung mit der Branche, den anderen Parteien und Wissenschaftern diskutieren. Ergebnisse sollen bis Ende des Jahres vorliegen, sagte Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) vor dem Ministerrat am Mittwoch. Auch die Mediensprecherin der Grünen, Eva Blimlinger, hoffte auf eine Umsetzung im heurigen Jahr. Sie gab jedoch zu bedenken, dass diverse Fristenläufe eingehalten und in diesem Bereich europäischen Rechtsstandards entsprochen werden muss, womit eine Notifizierung durch die EU-Kommission nötig ist.

Ziel sei es laut Raab, die Inseratenvergabe neu zu organisieren und Kriterien dafür zu entwickeln. Darüber hinaus soll es eine klare Trennung zwischen Inseraten und Medienförderungen geben. Inserate seien nichts Anrüchiges, es gebe ein legitimes Informationsbedürfnis seitens der Politik, um etwa über die Corona-Impfung oder Gewaltschutz zu informieren, betonte die Medienministerin.

Auch Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer bekräftigte, dass es ein legitimes Informationsbedürfnis gebe. Die Frage sei, ob die Vergabe von Inseraten transparent sei. Sie freue sich jedenfalls sehr darüber, dass dieser Diskussionsprozess nun beginne und "wir einen ganz neuen Impuls setzen wollen". Das sei den Grünen ein großes Anliegen. Eine vielfältige und unabhängige Medienlandschaft sei "wichtig für die Demokratie". Das habe sich in der Pandemie klar gezeigt. "Dabei ist Transparenz ganz wichtig."

"Gerade das quantitative Missverhältnis zwischen Fördervolumina, die nach klaren gesetzlichen Regeln vergeben werden, auf der einen Seite, und Inseratenbudgets, die überwiegend ohne ausreichende Zielgruppen- und Wirkungsanalyse gesteuert werden, auf der anderen Seite, steht einer zielgerichteten, transparenten Medienpolitik im Weg", heißt es im Ministerratsvortrag. Um dem entgegenzuwirken, soll "zeitnah" ein Maßnahmenkatalog unter Berücksichtigung europarechtlicher Rahmenbedingungen evaluiert und ein "Neustart für die österreichische Medienförderung und -transparenz sowie die Praxis der Medienkooperation" eingeleitet werden.

In Hinblick auf gesetzlich klar geregelte Medienförderungen wie etwa die Presseförderung, den Privatrundfunkfonds oder auch die wohl noch heuer erstmals auszuschüttende Digitalisierungsförderung sieht die Regierung vor, ein einheitliches Medienförderungsgesetz mit höherem Budget zu schaffen. "Ziel ist es, ein oder auch zwei Gesetze zu schaffen", sagte Blimlinger. Dabei sollen reine Onlinemedien ebenfalls in das Förderregime inkludiert werden. Der Umstand, dass diese bei der Digitalisierungsförderung leer ausgehen, sorgte in mehreren Stellungnahmen zum Gesetz für Unmut.

Wie definiert man Qualität?

Die Verankerung von Qualitätskriterien für die Vergabe von Medienförderung will die Regierung prüfen. Raab zeigte sich diesbezüglich am Dienstag bei einer Pressekonferenz noch skeptisch. "Nicht die Politik hat darüber zu entscheiden, was Qualität ist. Das würde einen Schritt zu weit gehen", sagte sie. Blimlinger sieht das anders: "Qualität kann man schon definieren. Es geht dabei aber nicht darum, ist das ein guter Beitrag oder ein schlechter, sondern etwa wie viele Journalistinnen und Journalisten nach Kollektivvertrag beschäftigt sind oder wie viele Artikel in einer Zeitung eigenrecherchiert sind."

Auch das Angestelltenverhältnis von Männern und Frauen oder gerichtliche Verurteilungen könnten als Qualitätskriterien herangezogen werden - nicht jedoch Rügen des Presserats. "Das ist ein Organ der Selbstkontrolle, hier hat der Staat nichts verloren", so Blimlinger.

Für Medienkooperationen - etwa Inseratenschaltungen - sollen Regeln erstellt werden. So sieht der Ministerratsvortrag etwa Berichtspflichten, eine Wirkungsanalyse, um Zielgruppen und Maßnahmen zu identifizieren, und eine Gültigkeit für alle Gebietskörperschaften vor. Für die Budgets soll es zudem eine Grenze geben, wie Blimlinger erklärte. Diese könne aber bei erhöhtem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit wie zum Beispiel im Falle einer Pandemie flexibel angepasst werden.

Ausnahmen für Inserate sollen fallen

Um die Medienkooperationen möglichst transparent zu gestalten, ist eine Reform der Medientransparenzdatenbank, die vierteljährlich die Werbeausgaben in Medien der öffentlichen Hand ausweist, vorgesehen. So soll etwa die Einsehbarkeit und Lesbarkeit erleichtert werden. Bisher ist es sehr schwer, die Daten zu strukturieren und auszuwerten. Auch soll die Löschpflicht nach zwei Jahren aufgehoben und die "Bagatellgrenze", die derzeit bei 5000 Euro liegt, bei Veröffentlichungspflichten fallen. Geplant ist zudem, auch Werbeschaltungen der öffentlichen Hand in nicht periodischen Medien meldepflichtig zu machen. Schätzungen gehen von rund einem Drittel des gesamten Werbegeldes aus, das durch die "Bagatellgrenze" und der Lücke bei nicht periodischen Medien einer Veröffentlichungspflicht entgeht.

(APA)

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