Corona-Pandemie

Handel sieht sich als Corona-Opfer und fordert raschere Hilfen

APA/HANS PUNZ
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Geschäfte, die bis zu 152 Tage im Lockdown waren, Corona-Hilfen, die nicht ankommen: "Wir haben keine Goldesel in den Filialen stehen. Es brennt der Hut“, sagt der Geschäftsführer des Handelsverbandes.

Dem heimischen Handel haben die Corona-Lockdowns starke Umsatzeinbußen beschert - andererseits fließen angekündigte staatliche Hilfen zu spät oder gar nicht, kritisierten Spitzenvertreter von Non-Food-Branchen am Mittwoch. Die Regierung sollte die Hilfen "ankommen lassen" und sie einfacher machen, forderte Handelsverband-Präsident Stephan Mayer-Heinisch. Mit der 2G-Pflicht hadert man, weil dadurch zwei Millionen Menschen nicht die Geschäfte betreten dürfen.

Bis zu 152 Tage lang seien in der Pandemie wegen mehrerer Lockdowns - regional unterschiedlich - die Läden zu gewesen, obwohl der Einzelhandel kein Corona-Hotspot sei, meinte Mayer-Heinisch in einem Online-Pressegespräch. Bis auf die Kurzarbeitsgelder würden die Hilfen nicht oder nur teils ankommen - was auch Vertreter namhafter Händler berichteten. "Wir haben keine Goldesel in den Filialen stehen. Es brennt der Hut", meinte Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

"Die Entschädigungen laufen sehr spärlich, teilweise gar nicht", sagte Fussl-Modestraße-Geschäftsführer Ernst Mayr. Von 22 Prozent Umsatzminus im Dezember 2021 gegenüber dem Vor-Corona-Referenzjahr 2019 berichtete Andrea Heumann, Geschäftsführerin von Thalia Österreich, um eine Entschädigung falle man durch die Eintrittshürde aber um, weil man unter 30 Prozent Umsatzminus liegt.

"Wir bleiben auf den Verlusten sitzen", so die Chefin der Buchhandelskette. Auch Kastner & Öhler wird wohl "nichts bekommen", so Geschäftsführer Martin Wäg mit Hinweis auf die "Rechenformeln" des Finanzministeriums. C&A warte zum Fixkostenzuschuss I von Frühjahr 2021 noch immer auf das Geld, so Geschäftsführer Norbert Scheele, der der Chef für zehn Länder des Bekleidungshauses ist. Den "gewaltigen Rückstau" bei den Auszahlungen erklärt sich Fussl-Modestraße-Geschäftsführer Ernst Mayr mit offensichtlichem Personalmangel bei der Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes (COFAG) im Vergleich zu der "Flut an Anträgen".

Das Überleben vieler Handelsbetriebe könne nur durch kurzfristige Hilfen für die Liquiditätssicherung und längerfristige Maßnahmen für die Eigenkapitalstärkung gesichert werden - "sonst werden sie an einem Financial Long Covid leiden", befürchtet Mayer-Heinisch. Angesichts der hohen Fixkosten sei eine Lohnnebenkostensenkung und Entbürokratisierung notwendig.

„Keine Lockdowns mehr"

"Keine weiteren Lockdowns" steht für die Branche laut dem Handelsverband ganz oben auf der Wunschliste. Gegen den letzten generellen Lockdown von November/Dezember sind insgesamt 62 Händler mit einem Individualantrag wegen einer vermuteten unverhältnismäßigen Einschränkung der Erwerbsfreiheit vor den Verfassungsgerichtshof (VfGH) gezogen, darunter auch K&Ö und Fussl.

Kritik übten mehrere Branchenvertreter auch an der Mitte Dezember angekündigten Rückforderung anteiliger Zuschüsse für Mietkosten in Lockdowns. Betroffen sind gemäß der damaligen Ankündigung der COFAG Betriebe, die in den Stillständen einen Fixkostenzuschuss oder Verlustersatz erhalten haben und deren monatliche Förderung für Mietkosten 12.500 Euro übersteigen. 1777 große Firmen würden demnächst entsprechende Post erhalten, hieß es damals. C&A-Chef Scheele sagte, es sei vielfach gar nicht mehr möglich, geflossene Mietgelder wieder zurückzuholen, etwa wenn es eine Einigung mit dem Vermieter gegeben habe: "Das bleibt am Händler hängen. "Man kann Deals nicht nachträglich aufmachen", darüber sollten Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) und die COFAG nachdenken, meinte Verbandsgeschäftsführer Will.

Allein im ersten Corona-Jahr 2020 hätten 4040 Geschäfte schließen müssen, rund fünf Prozent - bereits bereinigt um die Neugründungen -, und die Umsätze seien branchenübergreifend um 4 Prozent zurückgegangen. Zuletzt, im Herbst 2021, seien allein durch den dreiwöchigen Lockdown im November und Dezember 6 bis 8 Prozent eines ganzen Jahresumsatzes verloren gegangen.

Die 2G-Regelung drücke die Umsätze in vielen Handelsbranchen massiv und spalte die Gesellschaft, beklagte der Verband. Durch den seit 16. November geltenden "Lockdown für Ungeimpfte" seien rund 2,1 Millionen Menschen vom stationären Handel ausgeschlossen. Von einem Normalbetrieb könne im Handel also bei weitem nicht die Rede sein, denn abseits der Grundversorgung sei das Shoppen in den Geschäften nur mit 2G-Nachweis möglich.

Der seit Dienstag geltenden Pflicht zu 2G-Kontrollen in den Geschäften werde von den Kunden geduldig und verständnisvoll begegnet, berichteten Betriebe. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stelle die Kontrolle aber eine Belastung dar. Dass seit Samstag die K1/K2-Differenzierung aufgehoben ist und nur mehr jene Person durch Quarantäne ausfällt, die infiziert ist, begrüßte Verbandsgeschäftsführer Will. In der Branche sind laut seinen Angaben über 100.000 Angestellte schon 3-fach geimpft, also geboostert.

Im Handel stößt man sich zudem daran, dass es andere Bereiche gibt, in denen die Regeln offenbar laxer gehandhabt oder zumindest deren Einhaltung nicht so intensiv durch zuständige Organe überwacht wird. K&Ö-Chef Wäg verwies etwa auf von ihm geortete "Missstände bei Skifeiern, an Liften oder der Gastro" - das passe nicht zu den Vorgaben für den Handel: "Skihüttengaudi und Handel - das finde ich kein gutes Bild." Handelsverband-Geschäftsführer Will meinte "als Schladminger": "Steigt man in eine Gondel ein, muss man sich nicht wundern über die Cluster. Der Handel ist ein sicherer Ort". Das zeige der immer geöffnete Lebensmittelhandel.

(APA)

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