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Deutsche Innenministerin Faeser droht Telegram mit Abschaltung

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Das Abschalten sei „ganz klar ultima ratio“ erklärt Nancy Faeser in einem Interview mit der „Zeit“. Der Messenger-Dienst ist nicht nur beliebt bei Querdenkern, sondern dient auch als Marktplatz für Drogen- und Waffenhandel.

Telegram ist vielerorts lediglich als Alternative zu WhatsApp bekannt. Doch der in Russland entwickelte Dienst ist weit mehr. Es ist Marktplatz, Videoplattform und soziales Netzwerk in einem. Vor allem Querdenker und Rechtsextreme haben den Dienst wegen seiner vermeintlichen Sicherheit für sich entdeckt. Sie tauschen sich in Chatgruppen aus, sprechen Morddrohungen aus, rufen zu Gewalttaten auf und mobilisieren zu Demos. Nachdem sich der Dienst seit jeher der Gesetzgebung entzieht, droht die deutsche Bundesinnenministerin Nancy Faeser Telegram gar mit der Abschaltung.

"Wir können auch das nicht per se ausschließen, ein Abschalten wäre sehr schwerwiegend und ganz klar ultima ratio", sagte die SPD-Politikerin in einem am Mittwoch veröffentlichten "Zeit"-Interview. "Vorher müssen alle anderen Optionen erfolglos gewesen sein." Offensichtlich seien bisherige Maßnahmen, darunter ein Mahnschreiben des Bundesjustizministeriums, ins Leere gelaufen.

Telegram entzieht sich deutscher Gesetzgebung

Telegram gilt weithin als sicherer Messenger-Dienst. Um aber wirklich eine sichere Kommunikation genießen zu können, der eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung bietet, muss dafür ein „privater Chat“ geöffnet werden. Ansonsten läuft jegliche Kommunikation im Klartext über die Telegram-Server. Das gilt erst recht für Gruppenchats, die keinerlei Verschlüsselung bieten. Außerdem kann jeder in Chats einsteigen und mitlesen. Dennoch hat die Strafverfolgung so ihre Probleme mit dem Dienst.

Der russische Gründer Pawel Durow sieht sich als Verteidiger der Freiheit gegen jeden staatlichen Eingriff. Freiwillig kommt Telegram deshalb nur wenigen gesetzlichen Vorschriften nach. IS-Propaganda löschte der Dienst in den vergangenen Jahren regelmäßig und auch gegen Urheberrechtsverletzungen wird seit jeher vorgegangen. Bei Waffen-, Drogen-Geschäften sieht der Dienst keinen Anlass zu reagieren. Selten, wenn Nutzer Gruppen melden. Die Verfolgung rechtsextremistischer Inhalte oder Morddrohungen gegen Politiker, blieb bislang folgenlos. 

Dass Telegram unter das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz fällt, wird bislang ignoriert. Einen Zustellungsbevollmächtigten, der als direkte Kontaktperson fungieren soll, hat das Unternehmen bislang nicht benannt. Bislang kooperiert Telegram also weder mit Ermittlungsbehörden, noch geht man auf politische Forderungen ein, sich mit extremistischen Inhalten auseinander zu setzen. Faeser will das jetzt ändern.

Deutschland sucht Unterstützung

"Ich halte es für einen der wichtigsten Punkte überhaupt, hier das Recht auch durchzusetzen", sagte Faeser. Anzustreben sei eine europäische Lösung. "Heute sitzt Telegram in Dubai, morgen vielleicht auf den Cayman Islands." Deutschland alleine könne entsprechend nicht erfolgreich sein. Darüber sei sie mit ihren europäischen Kollegen im Gespräch. "Wir müssen dabei immer auch sehen, was passiert, wenn ein Dienst abgeschaltet würde – und dann der nächste Anbieter kommt."

Ähnliches war bereits Ende des Jahres von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) zu hören: „Teile der sogenannten ‚Querdenker‘-Bewegung haben längst den Boden des Grundgesetzes verlassen; das zeigen nicht zuletzt die unsäglichen Morddrohungen gegen Ministerpräsident Kretschmer und gegen andere Repräsentantinnen und Repräsentanten unseres Staates.“ 

Darknet für die Hosentasche

Wer früher online Drogen kaufen wollte, musste sich dafür in die Tiefen des Internets begeben. Ohne Tor-Browser und den einschlägigen Adressen war das Auffinden von Silk Road und Co. nicht möglich. Diese hinteren Ecken der Online-Welt sind jetzt nur einen Klick entfernt. Über Telegram lassen sich binnen Minuten Drogen bis zur Haustür bestellen; bezahlt wird über die Kryptowährung Bitcoin. Selbst Waffen können geordert werden.

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