Ukraine-Krise

Heinz Fischer: "Nato-Waffen an Russlands Grenze unterstützen Frieden nicht"

APA/EPA/ANDY WENZEL / BKA / HAND
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Altbundespräsident Fischer bezeichnet das Thema Ukraine in einem Interview als „extrem heikel“ für Russland. Er vergleicht den Konflikt mit der Kubakrise.

In einem Interview mit der Online-Zeitung „Fair Observer“ äußert sich Österreichs früherer Bundespräsident Heinz Fischer zu den jüngsten Spannungen zwischen Russland und der Nato. „Nato-Waffen an der Grenze zu Russland unterstützen Frieden und Stabilität nicht“, sagt Fischer auf die Frage, ob Russlands Drohung, Mittelstreckenraketen in Europa zu stationieren, ernst zu nehmen sei. Die Ukraine sei für Russland ein extrem heikles Thema, meint der Co-Vorsitzende des „Ban Ki-Moon Centres for Global Citizens“. Die derzeitige Krise sei vergleichbar mit der Kubakrise von 1962 als die Sowjetunion Mittelstreckenraketen auf Kuba, nahe der US-Küste, stationierte.

Fischer, der sich während seiner Amtzeit acht Mal mit Russlands Präsident Wladimir Putin traf und ihn im Juni 2014 nur drei Monate nach Annexion der Krim in die Hofburg lud, begründet die Reaktion Moskaus historisch: Gorbatschow habe nach dem Fall des Eisernen Vorhangs die Aufnahme Ostdeutschlands, eines ehemaligen Mitglieds des Warschauer Pakts, in die Nato erlaubt. „Aber die Abmachung war, dass Russlands Sicherheit nicht beeinträchtigt werden sollte und andere Teile der früheren Sowjetunion nicht Teil der Nato werden sollten.“ Bekanntlich fand die Nato-Osterweiterung nach 1997 dennoch schrittweise statt.

Russland hat an der Grenze rund 100.000 Soldaten zusammengezogen. Der Westen befürchtet eine Invasion, was die Regierung in Moskau zurückweist. Russland fordert von der Nato aber Sicherheitsgarantien und dabei unter anderem die Zusage, dass die Ukraine nicht in das transatlantische Militärbündnis aufgenommen wird. Dies lehnt die Allianz kategorisch ab. Am Mittwoch hatte der Generalsekretär des Verteidigungsbündnisses, Jens Stoltenberg, sogar vor einer realen Kriegsgefahr in Europa gewarnt.

Fischer pessimistisch zu Atom-Deal eingestellt

Auch die in Wien stattfindenden Iran-Gespräche zwischen Vertretern Russlands, Chinas, Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands mit dem Iran sind Thema des Interviews. Es sei eine der „sehr falschen und unklugen“ Entscheidungen des früheren US-Präsidenten Donald Trumps gewesen aus dem Nuklearabkommen auszusteigen, sagt Fischer. Denn die USA waren 2018 aus dem Vertrag ausgestiegen und hatten erneut massive Sanktionen gegen Teheran verhängt. Danach zog sich der Iran ebenfalls schrittweise aus der Vereinbarung zurück. Die Verhandlungen über eine Wiederbelebung des internationalen Atomabkommen sollen das Mullah-Regime am Bau von Atomwaffen hindern.

Er sei eher pessimistisch eingestellt, dass das Abkommen wieder zum Leben erweckt werden könne, sagt Fischer: „Die gegenwärtigen iranischen Führer sind mehr Hardliner als die frühere Regierung und US-Präsident Joe Biden steht unter großem Druck und es bleibt ihm nicht viel Raum für Kompromisse.“

>>> Zum vollständigen Interview (auf Englisch).

(me)

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