Neonazi-Homepage: Viele Fragen, kaum Antworten

PK INNENMINISTERIUM RECHTSEXTREME SZENE: ANDERL/GRIDLING
PK INNENMINISTERIUM RECHTSEXTREME SZENE: ANDERL/GRIDLING(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (Herbert Pfarrhofer)
  • Drucken

Eine Pressekonferenz zu den Ermittlungen gegen Rechtsextreme und einer Neonazi-Homepage endet im Innenministerium mit einem Eklat. Etliche Vorwürfe zu dem Fall blieben unkommentiert.

Viele Fragen, wenig Antworten und ein Eklat am Ende: Das ist das Resultat einer Pressekonferenz im Innenministerium zum aktuellen Ermittlungsstand der rechtsextremen Szene, insbesondere gegen die Neonazi-Homepage "alpen-donau.info".

Abgehalten wurde der Medientermin vom Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, Herbert Anderl, dem Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), Peter Gridling, und dem Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien, Thomas Vecsey.  Am Ende kam es zum Eklat: Mit dem Hinweis, dass sich weitere Fragen "nur im Kreis drehen würden", beendete ein Sprecher des Ministeriums die Veranstaltung. Die drei Gesprächspartner verließen unter heftigem Protest der Journalisten den Saal.

Sohn eines Beamten im Dunstkreis

Zuvor wurde erneut bestätigt, dass ein ehemaliger Beamter des BVT einen volljährigen Sohn hat, der sich im Dunstkreis von Rechtsextremisten bewege. Der Beamte wurde offenbar im August dieses Jahres versetzt. Wohin, wollte man nicht sagen, der Betreffende habe ein gewisses Recht auf Persönlichkeitsschutz.

Der Kriminalpolizist habe aber "niemals im Bereich Extremismus, sondern im operativen Bereich" und dort nicht in leitender Funktion gearbeitet. In keinem der derzeit laufenden Verfahren werde gegen den Sohn ermittelt. Dementiert wurde auch, dass der Sohn im Hause des Vaters lebe. Vielmehr wohne er in einem Studentenheim und sei beim Vater gemeldet", so Verfassungsschutz-Chef Gridling.

"Nichts liegt uns ferner, als einen Zustand zuzulassen, dass die Objektivität solcher Ermittlungen infrage gezogen werden", sagte der BVT-Chef dazu. Es gebe keine Hinweise darauf, dass es weitere Maulwürfe geben könnte. "Die Formulierung 'Informationen aus dem Innenministerium' (wiederholt von 'alpen-donau.info' behauptet, Anm.) rechtfertigt nicht die Annahme, dass die Informationen tatsächlich aus dem Innenministerium kommen."

Medienberichte bleiben unkommentiert

Inhaltlich wurde nicht auf die laufenden Verfahren eingegangen. Meldungen, etwa der Tageszeitung "Österreich", wonach bei 16 von 18 Hausdurchsuchungen in Wien, Niederösterreich, Steiermark, Kärnten und Tirol Computer, Laptops, Speicherkarten, Mobiltelefone, Gewehre, Kalaschnikows, Munition, Messer und Schlagringe, sowie NS-Devotionalien sichergestellt wurden, blieben unkommentiert.

Staatsanwalt-Sprecher Vecsey sagte lediglich, dass in enger Kooperation mit dem Verfassungsschutz wegen der Verbrechen der Verhetzung und der Wiederbetätigung ermittelt werde und dass Hausdurchsuchungen in mehreren Bundesländern durchgeführt worden seien. Die Aktionen wurden als Erfolg bezeichnet.

Homepage wird in den USA betrieben

Warum die Homepage "alpen-donau.info" nicht offline ist, sondern weiter täglich aktualisiert werde, begründete Vecsey damit, dass sie nicht in Österreich (sondern in den USA, Anm.) betrieben werde. Homepages abzudrehen, "ist nicht ganz einfach in manchen Fällen, dies ist ein solcher Fall", ergänzte Gridling.

Hinterfragt wurde auch, warum es offenbar zeitlich nicht ganz abgestimmter Hausdurchsuchungen gab. Dementiert wurde zwar erneut, dass zwischen den ersten Aktionen und jener bei einem prominenten Wiener Neonazi mehrere Tage lagen. "Das ist schlicht falsch", so Gridling. Aber dass ein zeitlicher Abstand gegeben war - aus Behördenkreisen soll zunächst eine Aktion bei dem prominenten und einschlägig vorbestraften Wiener Neonazi gestartet und erst mit einem Tag Abstand gegen mutmaßliche Verantwortliche der Homepage vorgegangen worden sein -, blieb undementiert.

Gridling begründete dies mit "ganz unterschiedlichen Ermittlungskomplexen", die sich zeitlich überschnitten hätten. Dass es Abstimmungsprobleme gegeben habe, sei eine "Missinterpretation".

Unkommentiert blieb auch, dass ein Gutteil der mutmaßlichen Betreiber der Homepage von ihrem Background her aus dem Umfeld des Militärgymnasiums bzw. der Militärakademie Wiener Neustadt kommen soll.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

NeonaziHomepage Soko ermittelt seit
Österreich

Neonazi-Homepage: Soko ermittelt seit sechs Monaten

Derzeit sei die Sonderkommission mit dem Auswerten der Daten aus Hausdurchsuchungen beschäftigt, heißt es aus dem Innenministerium. Die Grünen üben unterdessen scharfe Kritik an den Ermittlern.
Österreich

Verfassungsschutz: Ermittler weisen Vorwürfe zurück

Gegen Sohn von versetzten BVT-Beamten wird nicht ermittelt. Im Jahr 2009 gab es 453 rechtsextreme Straftaten. Das ist eine Stagnation auf hohem Niveau, im Jahr 2008 gab es ein ähnliche Quote.
Rechtsextremismus
Österreich

Rechtsextremistische Verbrechen nehmen zu

Seit dem Jahr 2007 ist sowohl die Zahl der Taten als auch der Anzeigen gestiegen. Meist handelt es sich um Verbaldelikte und Sprühaktionen, aber auch zwei Personen wurden verletzt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.