Impf-Streit

Djokovic kämpft gegen Entzug des Visums

APA/AFP/BRANDON MALONE
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Die Anwälte des Tennisstars legten Einspruch gegen die drohende Ausweisung durch den Einwanderungsminister ein. Die Entscheidung soll am Sonntag fallen.

Der Fall Novak Djokovic geht in die nächste Runde. Nach dem angekündigten Einspruch seiner Anwälte gegen die erneute Annullierung seines Visums für Australien soll nun eine Anhörung vor dem Bundesgericht am Sonntag Klarheit über eine Teilnahme des Serben bei den am Montag beginnenden Australian Open bringen. Das entschied Richter Anthony Kelly bei einer Anhörung am Freitag. Titelverteidiger Djokovic ist nach wie vor in der Auslosung und soll am Montag erstmals spielen.

Bis dahin darf Djokovic nicht abgeschoben werden. Für den Weltranglisten-Ersten ist zudem am Samstag um 8.00 Uhr Ortszeit eine Anhörung bei der Einwanderungsbehörde anberaumt. Anschließend kann er von 10.00 Uhr bis 14.00 Uhr mit seinen Anwälten den Gerichtstermin am Sonntag vorbereiten. Bis dahin muss er nicht in Abschiebehaft.

Das Visum des ungeimpften Djokovic war zuvor in einer persönlichen Entscheidung von Einwanderungsminister Alex Hawke ein zweites Mal für ungültig erklärt worden. Dies sei gut begründet und "im öffentlichen Interesse", hatte der Minister mitgeteilt. Djokovic ist nicht gegen das Coronavirus geimpft und deswegen eine umstrittene Person in dem Land, das seit Beginn der Pandemie harte Regeln aufgestellt hat.

Djokovics Anwalt Nicholas Wood kündigte umgehend einen Einspruch gegen die Entscheidung an und drängte darauf, keine Zeit zu verlieren. "Jede Minute, bevor das Turnier am Montag beginnt, ist kostbar", sagte Wood bei der Anhörung vor Richter Anthony Kelly. Zugleich kritisierte der Jurist, dass die Entscheidung "irrational" und unverhältnismäßig gewesen sei.

Laut der Richtlinie von 1958 kann der Einwanderungsminister ein Visum streichen, wenn eine Person ein Risiko - beispielsweise gesundheitlicher Natur - für die australische Bevölkerung darstellt. Die Annullierungsbefugnis ist im Abschnitt 133C(3) des Migrationsgesetzes verankert.

Dem Gesetz zufolge kann Tennisprofi Djokovic nun "außer unter bestimmten Umständen" drei Jahre lang kein Visum für Australien mehr beantragen. "Zu bestimmten Umständen gehören zwingende Umstände, die die Interessen Australiens betreffen, oder zwingende Umstände, die die Interessen eines australischen Staatsbürgers, eines ständigen Einwohners oder eines berechtigten neuseeländischen Staatsbürgers betreffen", heißt es auf der Seite des Ministeriums.

Stimmung in Australien gegen Djokovic

Der 44-Jährige Hawke gehört der konservativen Mitte-Rechts-Partei "Liberal Party" an und ist wegen seiner eigenen teilweise höchst konservativen Ansichten nicht unumstritten. So gilt der bekennende Christ Hawke als erklärter Gegner der Homo-Ehe. Hawke hatte sich mit der Entscheidung lange Zeit gelassen. Er stand von vielen Seiten unter Druck.

Die Stimmung in Australien ist - mit Ausnahme der serbischen Community - klar gegen Djokovic. Viele Australier haben in den inzwischen fast zwei Jahren Pandemie viele Entbehrungen erlebt. Keine Stadt der Welt war zusammengenommen so lange im Lockdown wie Melbourne. Selbst viele Australier aus dem Ausland durften lange nicht einreisen, verpassten Hochzeiten, Beerdigungen und sonstige Familienzusammenkünfte.

Das Verständnis für eine medizinische Ausnahmegenehmigung für einen ungeimpft Tennis spielenden Multi-Millionär ist daher gering. Zumal es rund um die Genehmigung des Visums von Djokovic nach wie vor viele Fragen gibt.

Aufgeheizte Stimmung in Serbien

Die ersten Reaktionen von serbischen Medien spiegeln die aufgeheizte Stimmung wider. "Unglaublich, was der (australische) Minister als Begründung angibt: die öffentliche Gesundheit und das Gemeinwohl. Und das in einem Land, das täglich 150.000 Neuinfektionen hat!", schrieb "telegraf.rs" und befand: "Das ist verrückt!". "Die Verfolgung des Novak", schrieb "blic.rs."und "informer.rs" sah in einer Karikatur einer australischen Zeitung gar als Beleg für "Lynchstimmung".

Geäußert hat sich u.a. auch Andy Murray, der am Freitag in Sydney ins Finale eingezogen ist. "Ich werde nicht hier sitzen und auf Novak hintreten, während er am Boden ist. Ich habe es schon gesagt, es ist für niemanden eine gute Situation."

Zu keiner Reaktion sahen sich bisher die Veranstalter der am Montag beginnenden Australian Open veranlasst. In der Auslosung auf der Website ist Titelverteidiger Novak Djokovic auch nach wie vor als Nummer 1 ganz oben angeführt. Möglicherweise will man zuwarten, bis Djokovic alle Rechtsmittel ausgeschöpft hat. Bleibt die Entscheidung aufrecht, dann wird der als Nummer 5 gesetzte Russe Andrej Rublew den Platz von Djokovic einnehmen und ein Lucky Loser aus der Qualifikation ins Feld aufrücken. In der Jagd nach dem Major-Rekord von 21 Titeln verbliebe somit nur noch Rafael Nadal im Feld.

Djokovic räumte selbst Fehler ein

Am Donnerstag war der neunfache Australian-Open-Gewinner trotz der Ungewissheit über seinen Aufenthaltsstatus in der Auslosung für das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres berücksichtigt worden. Er zog seinen ungesetzten serbischen Landsmann Miomir Kecmanovic für das Eröffnungsmatch. Das Auftaktmatch des Titelverteidigers soll - sofern er in Australien bleiben darf - am Montag oder Dienstag stattfinden, hieß es.

Djokovic selbst hatte eingeräumt, gegenüber den australischen Einwanderungsbehörden falsche Angaben gemacht zu haben. Verwirrung gab es auch rund um einen positiven Coronatest Mitte Dezember. So hatte Djokovic am Mittwoch zugegeben, nach Vorliegen des positiven Testergebnis noch ein Interview mit einer französischen Sportzeitung absolviert zu haben. Den positiven Coronatest hatte Djokovic als Begründung präsentiert, warum er sich nicht gegen das Coronavirus geimpft hat. Australien gestattet grundsätzlich nur doppelt geimpften Personen die Einreise.

Einzel ohne Österreich

Julia Grabher musste sich in der dritten Qualifikationsrunde der US-Amerikanerin Caroline Dolehide mit 6:7(5),2:6 geschlagen geben. Die Vorarlbergerin ist damit auch im neunten Versuch, sich für eines der vier Tennis-Grand-Slam-Turniere zu qualifizieren, gescheitert.

(APA)

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