Fahrbericht

Der Geländewagen für Soccer Moms

Laulos durch den Wald mit dem Plug-in-Defender
Laulos durch den Wald mit dem Plug-in-DefenderRief
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Land Rover hat nun auch den Defender elektrifiziert. Als Plug-in-Hybrid taugt der Geländewagen für abgasfreie Fahrten in der Stadt oder für einen geräuschlosen Ausflug in den Wald – allerdings mit Einschränkungen.

Man muss Jaguar Land Rover (JLR) wieder einmal dafür loben, was dem Unternehmen beim Defender geglückt ist. Es ist verdammt schwer, einen Nachfolger für eine Legende zu bauen, die 68 Jahre lang hergestellt wurde. Eigentlich hat man damit nur scheitern können, weil er den einen zu viel SUV und zu wenig Geländewagen ist (kein Leiterrahmen, keine Starrachsen) und den anderen das rustikale Auftreten nicht gefällt.

Land Rover aber hat mit dem neuen Defender sehr viel richtig gemacht und den Geschmack vieler Menschen getroffen – der Geländewagen- und der SUV-Fahrer. Besser als der neue Defender verkauft sich nur der Range Rover Evoque. Gäbe es nicht eine Chipkrise, sie könnten im britischen Coventry nach jedem Dienstschluss eine Party feiern.

(c) Die Presse/Clemens Fabry (Clemens Fabry)

Weil der Defender so gut ankommt, bietet man auch eine breite Modellpalette, um möglichst jeden anzusprechen: Die Russen etwa mit einem V8 oder die Soccer Moms in Kalifornien mit dem Plug-in-Hybrid (PHEV). Letzterer spricht auch die Österreicher an, weil er dank der nicht zu zahlenden NoVA zu einem – relativen – Schnäppchen wird.

Erklären wir das Schnäppchen: Der P400e 110 (als 90er gibt's ihn nicht) beschleunigt mit seinen kombinierten 404 Benzin- und Elektro-PS in 5,6 Sekunden auf 100 km/h. Schneller ist nur der Fünfliter-V8 (5,4 Sekunden), der aber nicht so viel Kraft entfaltet (625 Nm gegen 640 Nm beim PHEV). Für den Achtzylinder-P525 bezahlt man bei uns wegen der sehr, sehr beachtlichen NoVA ab 181.802 Euro (Fünftürer), für den PHEV lediglich ab 75.036 Euro – ungefähr so viel wie für den Diesel mit halb so viel Leistung.

Um sich den staatlichen Preisvorteil ehrlich zu verdienen, muss man eines freilich machen, nämlich die Batterie des Plug-in-Hybriden regelmäßig aufladen. Dann fährt man etwa 40 Kilometer weit völlig emissionsfrei mit elektrischem Strom.

(c) Die Presse/Clemens Fabry (Clemens Fabry)

Und wenn man – die Werbung sei in diesem Fall erlaubt – beim Lidl einkaufen geht, kann man das Auto sogar kostenlos an einer der Schnellladesäulen der Supermarktkette aufladen. Der Defender schafft mit Gleichstrom 50 kW pro Stunde, der 15,4-kWh-Akku (netto) ist also in der Zeit eines entspannten Einkaufs wieder auf 80 Prozent. Zu Hause in der Garage dauert es mit Wechselstrom etwas länger (Ladung mit maximal 7,7 kW).

Die Kinder kann man also recht problemlos im reinen EV-Modus abgasfrei zum Fußballtraining bringen, auch die Pendlerstrecke ist in vielen Fällen ohne Benzinunterstützung möglich. Interessant wird's, wenn man den Defender seiner eigentlichen Bestimmung zuführt, also einen Ausflug ins Gelände macht.

Erfreulich ist, dass man ihn auch mit Untersetzung vollelektrisch fahren kann. Es ist ein sehr eigenes Erlebnis, wenn man lautlos durch den Wald gleitet, die Kraft dank des Elektroantriebs sofort verfügbar ist und sich gut dosieren lässt (bevor es wieder Kritik mancher Leser an einem Ausflug mit einem Geländewagen ins Gelände gibt – es war der Nutzwald unseres freundlichen Bauern A., den er üblicherweise mit großen Steyr-Traktoren befährt).

Die Kraft des 143-PS-starken Elektromotors reicht freilich nicht immer, um den wegen Akku und E-Antrieb 2,6 Tonnen schweren Defender durch alle Offroad-Besonderheiten zu bringen. Dann schaltet man den 300-PS-starken Vierzylinder-Benzinmotor dazu – und alles wird gut. Ende Gelände wäre vollelektrisch in unserem Fall hochgerechnet nach etwa 25, 30 Kilometern gewesen.

Ist der Defender als PHEV also ein vollwertiger Defender? Weitestgehend. Im Gelände auf jeden Fall. Abstriche muss man bei der Anhängelast machen (3000 Kilogramm statt 3500 Kilogramm) und – wie bei allen Hybridmodellen – beim Ladevolumen im Kofferraum: 696 Liter statt 786 Liter bei aufgestellten, 1759 statt 1875 Liter bei umgelegten Sitzen der zweiten Reihe. Für Ladekabel und Wagenheber bleibt auch kein Stauraum, sie liegen nun in einer Tasche mit Klettverschluss gesichert frei im Kofferraum.

(c) Die Presse/Clemens Fabry (Clemens Fabry)

Erwähnenswert für die immer größer werdende Minderheit der Dachcamper folgende Daten: Die statische Dachlast beträgt beim PHEV 300 Kilogramm, die dynamische 168 Kilogramm. Das sind Rekordwerte.

Haben wir uns jetzt in unserem Test den NoVA-Nachlass verdient? Wie wir wissen, ist der Verbrauch bei einem PHEV immer relativ: Fährt man weite oder kurze Strecken, mit vollgeladenem Akku oder nicht. Auf der Pendlerstrecke verbrauchte der Defender jedenfalls etwas mehr als drei Liter Benzin auf 100 Kilometer, auf der Langstrecke nach Leeren der Batterie waren es um die neun Liter.

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