Krise in Osteuropa

Massiver Cyberangriff in der Ukraine alarmiert Nato und EU

Nach Angaben des EU-Außenbeauftragten, Josep Borrell, kamen am Freitag die für Sicherheitsfragen zuständigen EU-Botschafter zu einer Sondersitzung zusammen.
Nach Angaben des EU-Außenbeauftragten, Josep Borrell, kamen am Freitag die für Sicherheitsfragen zuständigen EU-Botschafter zu einer Sondersitzung zusammen.Reuters
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Russland versucht, Druck zu erhöhen. Außenminister Lawrow kritisiert Teilnahme Neutraler wie Österreich an Nato-Übungen.

Kiew. Wer in der Nacht auf Freitag auf ukrainische Regierungswebseiten ging, erlebte eine Überraschung. „Ukrainer! Eure persönlichen Daten wurden ins öffentliche Netz hochgeladen – all eure Daten auf dem Computer wurden zerstört“, war zu lesen. Und: „Alle Informationen über dich wurden öffentlich. Fürchte dich und erwarte das Schlimmste.“

Das war Teil eines gewaltigen Hackerangriffs gegen Internetseiten der ukrainischen Regierung. Es fand vor dem Hintergrund wachsender Spannungen mit Russland statt. Beobachter gehen davon aus, dass die Spur des Angriffs nach Moskau führt. Eine Aktion als Teil von asymmetrischer psychologischer Kriegsführung.

EU-Cyberexperten nach Kiew

Nach Angaben des EU-Außenbeauftragten, Josep Borrell, kamen am Freitag die für Sicherheitsfragen zuständigen Botschafter zu einer Sondersitzung zusammen, um über Unterstützung für Kiew zu beraten. Geplant ist, Experten für Cyberabwehr und technische Unterstützung zu mobilisieren. Auf die Frage, ob es Erkenntnisse über die Hintergründe gebe, sagte Borrell, man könne sich denken, wer dahinterstecke. Er werde aber nicht auf jemanden zeigen, solang er keine Beweise habe. Namentlich erwähnte er Russland nicht.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg kündigte am Freitag an, dass die Allianz künftig enger mit der Ukraine bei Cybersicherheit zusammenarbeiten werde. Abkommen sollen in den kommenden Tagen unterzeichnet werden.

Seitenhieb gegen Österreich

Zugleich versucht Moskau, den Druck auf die Ukraine und die Nato zu erhöhen. Russland startete neue Militärmanöver, Außenminister Sergej Lawrow verlangt, dass USA und Nato schriftlich auf die Forderungen antworten. Man will unter anderem eine Zusicherung, keine weitere Erweiterung gen Osten vorzunehmen. Lawrow reagierte sauer auf Äußerungen, es könnten weitere Länder der Nato beitreten. „Sowohl Schweden und Finnland als auch Österreich nehmen übrigens von Zeit zu Zeit und sogar regelmäßig an Nato-Übungen teil, deren Szenarien alles andere als harmlos sind“, sagte Lawrow.

Österreich arbeitet mit der Nato seit 1995 in der Partnerschaft für den Frieden (PfP) zusammen. Russland ist übrigens ebenfalls Vertragspartner.

Am Freitag verbreiteten US-Medien Informationen aus ungenannten Kreisen der US-Regierung, wonach eine russische Geheimaktion in der Ostukraine kurz bevorstehe. Ihr Zeil sei es, in Kürze einen offenen Einmarsch mit Heereseinheiten zu legitimieren. Geplant seien vorherige Sabotageakte gegen russlandfreundliche Kräfte, die dann als fremde Angriffe ausgelegt würden. Beweise oder Details dazu gab es vorerst nicht. (Reuters/APA/DPA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.01.2022)

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