Großbritannien

Partys vor Begräbnis von Prinz Philip: Druck auf Johnson wächst

Premierminister Boris Johnson gerät immer stärker unter Druck
Premierminister Boris Johnson gerät immer stärker unter Druck(c) Reuters
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Der britische Premier feierte - trotz geltender Corona-Einschränkungen und der nahenden Beisetzung des Ehemanns von Königin Elizabeth. Die Rufe nach seinem Rücktritt werden lauter.

Der wegen einer Reihe von Skandalen angeschlagene britische Premierminister Boris Johnson gerät immer stärker unter Druck. Anlass ist ein Medienbericht über zwei weitere Partys in seinem Amtssitz in der Downing Street. Nicht nur wurden auch diese laut "Daily Telegraph" trotz geltender Corona-Einschränkungen gefeiert, sondern sie fanden auch noch am Vorabend der Beisetzung von Prinz Philip, dem Ehemann von Königin Elizabeth, im vergangenen April statt.

Johnson sah sich am Freitag somit zum zweiten Mal in dieser Woche veranlasst, sich für Partys in seinem Amtssitz zu entschuldigen - diesmal aber sogar direkt bei der Königin. Bei politischen Gegnern, aber auch in den eigenen Reihen stoßen die Vorgänge auf immer weniger Verständnis. Rücktrittsrufe werden lauter.

"Bedauerlich, dass es zur Zeit nationaler Trauer geschah"

"Es ist zutiefst bedauerlich, dass dies zu einer Zeit der nationalen Trauer geschah", sagte ein Sprecher Johnsons vor Journalisten. Man habe sich beim Palast entschuldigt. Der Sprecher fügte hinzu, Johnson sei am besagten Tag der Feiern, dem 16. April 2021, im Landsitz Chequers gewesen. Auch sei er zu keiner Zusammenkunft eingeladen gewesen. Erst am Mittwoch hatte sich der Premier im Parlament für seine Teilnahme an einer Gartenparty entschuldigt, die es im Mai 2020 inmitten des ersten Corona-Lockdowns gegeben hatte.

Dem "Telegraph" zufolge muss es bei den Feiern im April 2021 ausgelassen zugegangen sein. Mitarbeiter sollen in einem nahe gelegenen Supermarkt größere Mengen Alkohol gekauft haben, Musik sei über ein Laptop abgespielt worden, und eine Schaukel von Johnsons Sohn sei zu Bruch gegangen. Das alles soll stattgefunden haben, obwohl zu dem Zeitpunkt pandemiebedingt Grenzen für Zusammenkünfte von Personen unterschiedlicher Haushalte galten.

Besonders prekär ist zudem, dass die Nation mit Königin Elizabeth II. um deren Gemahl trauerte, der im Alter von 99 Jahren gestorben war. Am Tag nach den Partys in der Downing Street nahm die Queen in der St George's Chapel Abschied von ihrem Mann, mit dem sie 73 Jahre lang verheiratet gewesen war. Wegen der Corona-Beschränkungen saß sie alleine in einer Bankreihe der Kirche.

Rücktrittsforderungen: "Zeit, die Bühne zu verlassen"

Aufgrund der aufgeflogenen Partys steckt Johnson in einer der schwersten Krisen seiner Amtszeit. Diese wird bereits von mehreren anderen Skandalen überschattet, etwa die Verwendung von Spenden bei der Renovierung von Johnsons Dienstsitz.

Während die Opposition längst seinen Rücktritt fordert, rücken inzwischen auch zunehmend Mitglieder der Konservativen Partei von Johnson ab, aus Furcht, sie könnten stellvertretend von ihren Wählern abgestraft werden. "Leider ist die Position des Premierministers unhaltbar geworden", sagte der konservative Abgeordnete Andrew Bridgen, ein ehemaliger Johnson-Unterstützer. "Die Zeit ist reif, die Bühne zu verlassen."

Die Skandale wirkten sich auch in Umfragen negativ für die regierende Konservative Partei aus. Einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Savanta ComRes wuchs der Vorsprung der oppositionellen Labour-Partei vor Johnsons Tories auf zehn Prozentpunkte. In der Umfrage kam Labour auf 42 Prozent (plus fünf Prozentpunkte), die Konservativen auf 32 Prozent (minus ein Prozentpunkt). 70 Prozent der 2151 Befragten sprachen sich für Johnsons Rücktritt aus. Die nächste Parlamentswahl findet regulär 2024 statt.

(APA/Reuters/dpa)

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