Rückkehr zum Goldstandard: Ausweg oder Mythos?

Man holds 250g gold bar after unveiling of gold-plated ATM in Munich bank
Man holds 250g gold bar after unveiling of gold-plated ATM in Munich bank(c) Reuters (Michaela Rehle)
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Befürworter betonen den Schutz vor Inflation und den Auswirkungen der Politik billigen Geldes. Kritiker befürchten eine zwangsläufige Deflation. Praktisches Hindernis: Ein Goldpreis von 40.000 Euro wäre notwendig.

Anfang November hat die US-Notenbank Fed bekannt gegeben, erneut den Geldhahn aufzudrehen: Bis Mitte 2011 will die US-Zentralbank Staatsanleihen im Wert von 600 Milliarden Dollar (umgerechnet rund 428 Milliarden Euro) kaufen. Zusätzlich sollen Papiere, die bereits der Fed gehören, aber auslaufen, durch neue ersetzt werden. Damit belaufen sich die Anleihenkäufe in Summe auf 850 bis 900 Milliarden Dollar.

Damit finanziert die Fed die Verschuldung der angeschlagenen Wirtschaftsmacht USA. Der schwelende Währungskrieg wurde damit weiter angeheizt. Und auch eine andere Frage steht wieder im Raum: Steht die Rückkehr zum Goldstandard bevor?

"Papierwährungen verlieren Glaubwürdigkeit"

Schon vor Monaten zweifelte der renommierte Finanzhistoriker Niall Ferguson offen an den Papierwährungen: "Ich befürchte, dass wir uns mit einer Welt abfinden müssen, in der Papierwährungen allgemein ihre Glaubwürdigkeit verlieren und wir wieder mehr auf Rohstoffe als Währungsstandards zurückgreifen müssen". Nun bekommt er prominente Unterstützung: Niemand geringerer als Weltbank-Chef Robert Zoellick zieht es in Betracht die Währungen wieder an den Goldkurs zu koppeln. Er fordert in der "Financial Times" ein neues System internationaler Wechselkurse, in dem Gold zum Referenzwert werden könnte. Diesmal soll das neue Währungssystem den US-Dollar, den Euro, den japanischen Yen und den chinesischen Yuan umfassen.

Wieder einmal ist also die Rede von einem "neuen Bretton Woods". Das berühmt gewordene Abkommen aus dem Jahr 1944 legte für das Weltwährungssystem feste Wechselkurse fest. Die Leitwährung Dollar wurde mit Gold beschlossen. Es musste also jeweils so viel Gold hinterlegt werden, wie US-Dollar in Umlauf gebracht wurden. Die US-Währung war gegenüber dem Gold mit 35 Dollar je Feinunze festgelegt.

"Schäbiges Geheimnis hinter Gold-Verteufelung"

Der große Vorteil des Goldstandards liegt auf der Hand: Er lässt keine uferlose Staatsverschuldung zu, wie bereits 1966 der spätere US-Notenbankchef Alan Greenspan in einem Aufsatz über "Gold und die wirtschaftliche Freiheit" schrieb: "Die Abschaffung des Goldstandards ermöglichte es den Verfechtern des Wohlfahrtsstaates, das Bankensystem für eine unbegrenzte Kreditexpansion zu missbrauchen". Damit kritisierte er die Auswirkungen jener ultralockeren Geldpolitik, die er später als Notenbankchef selbst betrieb. "Ohne Goldstandard gibt es keine Möglichkeit, Ersparnisse vor der Enteignung durch Inflation zu schützen", schrieb er weiter.

"Die Finanzpolitik des Wohlfahrtsstaates macht es erforderlich, dass es für Vermögensbesitzer keine Möglichkeit gibt, sich zu schützen. Dies ist das schäbige Geheimnis, dass hinter der Verteufelung des Goldes durch die Vertreter des Wohlfahrtsstaates steht", schrieb Greenspan weiter. Die Staatsverschuldung sei einfach ein Mechanismus für die "versteckte" Enteignung von Vermögen. Gold verhindere diesen heimtückischen Prozess. Ökonomen warnen allerdings, dass sich die Geldmenge wegen der Endlichkeit der Goldvorräte nur mehr begrenzt erhöhen könne, was zwangsläufig zur Deflation führe.

Praktische Probleme bei Goldstandard-Einführung

Eine Einführung eines neuen Goldstandards würde auch praktische Probleme nach sich ziehen. "Die Menge des verfügbaren Goldes ist zu klein für die heutige Weltwirtschaft. Der Goldpreis müsste sich, wenn es zu einer vollen Deckung käme, etwa vervierzigfachen", schreibt die "Frankfurter Allgemeine Zeitung".

Zudem sieht die Finanzwelt heute anders aus. Das Buchgeld macht im Bankensystem 90 Prozent Anteil aus. "Wenn man eine Summe von 40.000 Euro (dafür bekommt man in manchen Gebieten schon eine kleine Eigentumswohnung) mit einer Unze Gold (31,1 Gramm!) deckt, dann kann man es gleich sein lassen. Von einem inneren Wert in die Höhe zu sprechen ist wohl leicht daneben kalkuliert", schreibt Daniel Kühn, Chefredakteur vom Traders Journal.

"Gefährlicher Goldstandard"

Die "Financial Times" hält in einem Editorial wenig vom Weltbank-Vorstoß. Es stehe zwar außer Zweifel, dass das weltweite Währungssystem nicht so funktioniert, wie es sollte. Aber was der Weltbankchef stattdessen wolle, sei unklar. Dennoch sei es aufschlussreich, zu fragen, welche brauchbare Rolle Gold in der heutigen Wirtschaft spielen könne. Die Antwort: "Gar keine". Eine Goldpreisbindung in der Geldpolitik wäre bloß eine ziemlich unpraktische Art der Preissteuerung. Dafür gäbe es aber bessere Anker als Gold.

Stefan Riße, Deutschlandchef und Chefstratege von CMC Markets hält die Idee der Wiedereinführung eines Goldstandards für gefährlich. Es sei vor allem der Goldstandard gewesen, der die Deflation in den USA während der 1930er Jahre so dramatisch werden ließ, schreibt er. "Diejenigen, die argumentieren, der Goldstandard habe lange Zeit gut funktioniert, liegen falsch. Er funktionierte im 19. Jahrhundert nur deshalb, weil die Volkswirtschaften relativ homogen waren und es natürliche Finanzströme in der heutigen Form noch nicht gab", kritisiert er.

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