Konjunktur

Deutsche Wirtschaft gebremst

Im gesamten Vorjahr ging es der exportstarken deutschen Wirtschaft noch gut.
Im gesamten Vorjahr ging es der exportstarken deutschen Wirtschaft noch gut. imago stock&people
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Im vierten Quartal könnte die deutsche Wirtschaft geschrumpft sein, fürchtet das Wirtschaftsforschungsinstitut DIW.

Berlin. Das deutliche Wirtschaftswachstum in Deutschland 2021 ist nach Ansicht von DIW-Chef Marcel Fratzscher kein Grund zur Freude. „Die deutsche Wirtschaft befindet sich in einer prekären Situation“, sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) der „Rheinischen Post“. „Sie ist wohl im vierten Quartal geschrumpft und könnte auch jetzt im ersten Quartal schrumpfen, wenn die Inzidenzzahlen sich weiter so entwickeln und viele Menschen in den Krankenstand oder in die Quarantäne zwingen“, sagte der Ökonom.

Trotz globaler Lieferprobleme und Viruspandemie hatte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2021 um 2,7 Prozent zugelegt. Im Schlussquartal aber sank die Wirtschaftsleistung einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamts zufolge um 0,5 bis 1,0 Prozent.

Fratzscher sagte, er halte es für sehr unwahrscheinlich, dass die deutsche Regierung die Schuldenbremse 2023 wieder einhalten könne. Zuversichtlicher zeigte sich der Chef des Ifo-Instituts, Clemens Fuest. „Dass die Schuldenbremse ab 2023 wieder eingehalten wird, ist schlicht eine Vorgabe des Grundgesetzes.“ Die Schuldenbremse zwinge den Staat, bei den Ausgaben Prioritäten zu setzen. „Wenn die Priorität für Investitionen steigt, sinkt eben die Priorität für konsumptive Ausgaben.“ Er denke nicht, dass 2023 Geld für Investitionen fehlen werde. „Es wird eher so sein, dass das Geld nicht abfließt, weil Planungsverfahren noch nicht abgeschlossen sind.“ Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte am Freitag bekräftigt, die Schuldenbremse ab 2023 einhalten zu wollen.

Lindner: „Spielräume sind eng“

Lindner hat sich zudem skeptisch über neue Ausgabenprogramme für den Kampf gegen die Coronakrise gezeigt. „Wir haben uns während der Pandemie an hohe Staatsleistungen gewöhnt. Diese Phase muss enden“, sagte der FDP-Politiker der „Welt am Sonntag“. Schon heuer seien die Spielräume eng. 2023 werde die Lage wegen der Rückkehr zur Schuldenbremse noch anspruchsvoller. „Deshalb sehe ich das Ausloben neuer Boni, Subventionen und Programme kritisch.“ Man könne auf Dauer nicht alles mit Geld lösen, so der Liberale.

Lindner antwortete damit auf eine Frage nach einem Bonus bei Corona-Impfungen. „In der Bundesregierung gibt es dazu keine Überlegungen“, sagte er. Er halte das Werben um die Einsicht der Menschen sowie die Ertüchtigung der Infrastruktur für dringender.

Lindner kündigte ein Coronasteuergesetz an. Künftig solle es etwa die Möglichkeit geben, gegenwärtige Verluste mit früheren Gewinnen bei der Steuer zu verrechnen. „Das ist für viele Betriebe wichtig.“ Zudem werde er vorschlagen, die Pauschale für Heimarbeit zu verlängern und erneut mehr Zeit für Steuererklärungen einzuräumen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2022)

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