Klassik

Wiener Philharmoniker: Süffiger Rachmaninow

Wiener Musikverein
Wiener Musikverein(c) imago images/Wolfgang Simlinger (Wolfgang Simlinger via www.imago-images.de)
  • Drucken

Im Musikverein präsentierten sie unter Gergiev ihr erstes Tourneeprogramm.

Die traditionellen Auftritte der Wiener Philharmoniker bei der Salzburger Mozartwoche finden nicht statt, sie ist kürzlich abgesagt worden. Die anderen Tourneen des Orchesters nach Deutschland, Ende Februar nach New York dürften bestehen bleiben. Eines der Programme dafür stellten sie am Wochenende im Musikverein vor. Dass die Philharmoniker diesmal hauptsächlich mit russischem Repertoire touren, liegt an der Wahl des Dirigenten, Valery Gergiev, und kokettiert gewiss auch mit dem Faible, das nicht zuletzt US-Konzertbesucher für diese Werke haben. Die Wahl fiel auf Prokofieffs Romeo-und-Julia-Suite, die Sechste Tschaikowskis, Rimskij-Korsakows Scheherazade sowie eine reine Rachmaninow-Zusammenstellung: dessen zweites Klavierkonzert und dessen zweite Symphonie.

Zwei Werke, mit denen man die „Wiener“ nicht unbedingt verbindet. Genau das hat seinen Reiz. Vor allem für den Dirigenten, der hier nicht auf tradierte Spielweisen stößt, sondern die Interpretationstradition seiner Heimat einbringen kann. Was in beiden Fällen bedeutete, dass er das Orchester meist heftig auftrumpfen, sie die zahlreichen Kantilenen beider Stücke mit vornehmlich kräftigen Pinselstrichen süffig nachzeichnen ließ. Das verfehlte seine Wirkung nicht, auch wenn man sich so manches differenzierter gezeichnet vorstellen hätte können. Aber warum nicht einmal in den klanglichen Wellen dieser insgesamt zu ausführlich geratenen „Zweiten Rachmaninow“ ausgiebig baden?

Auch der umjubelte Solist des Freitagkonzerts, ausdrücklich dem Andenken Mariss Jansons gewidmet, der an diesem Tag 79 geworden wäre, Denis Matsuev, stürzte sich mit effektvoller Bravour in die Aufgabe. Er vertraute dabei mehr auf stupende Virtuosität als den lyrischen Charme, der dieses c-Moll-Konzert auch auszeichnet. Mit dem Encore, Rachmaninows Vocalise, erinnerte der brillante Tastenstürmer Matsuev an ein Lieblingsstück von Jansons. Auch deshalb ein denkwürdiger Abend.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2022)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.