Konflikt

Ex-Präsident Poroschenko ist in die Ukraine zurückgekehrt

Ex-Präsident Poroschenko wurde von vielen Anhängern in Kiew empfangen.
Ex-Präsident Poroschenko wurde von vielen Anhängern in Kiew empfangen.via REUTERS
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Poroschenko wurde von seinen Anhängern enthusiastisch in Kiew empfangen. Er ist wegen Hochverrats angeklagt. Sein Nachfolger Wolodymyr Selenskyj habe die Anklage angeordnet.

Der ukrainische Ex-Präsident Petro Poroschenko ist am Montag von Warschau nach Kiew geflogen, wo er wegen Hochverrats vor Gericht gestellt werden soll. Er soll während seiner Amtszeit Geschäfte mit pro-russischen Separatisten in der Ostukraine gemacht haben. Poroschenko bezeichnet die Vorwürfe als Erfindung seines Amtsnachfolgers Wolodymyr Selenskyj. Der Oligarch soll zwischen 2014 und 2015 am illegalen Verkauf großer Mengen Kohle durch die Separatisten beteiligt gewesen sein und sie auf diese Weise finanziert haben.

Bei seiner Ankunft am Flughafen der ukrainischen Hauptstadt kam es zu einer kurzen Auseinandersetzung mit den Grenzschutzbeamten. Er warf ihnen vor, sie hätten ihm seinen Pass abgenommen. Vor dem Flughafen wurde er von Fahnen schwenkenden Anhängern empfangen. "Wir sind nicht hier, um Poroschenko zu schützen, sondern um die Ukraine zu einen und zu schützen", rief der Ex-Präsident der Menge zu. Seine Partei warf der Regierung in Kiew vor, sie unterdrücke die politische Opposition.

Anhörung noch am Montag

Eine Sprecherin der Ermittlungsbehörden sagte, Poroschenko sei eine Vorladung ausgehändigt worden für eine Anhörung vor Gericht noch am Montag. Poroschenko habe sich geweigert, Prozessunterlagen in Empfang zu nehmen, er habe Anweisungen der Staatsanwaltschaft ignoriert. Zugleich hätten Begleiter des Ex-Präsidenten Widerstand geleistet.

Poroschenko bei der Anhörung am Montag vor Gericht.
Poroschenko bei der Anhörung am Montag vor Gericht.APA/AFP/Ukrainian former Preside

Die Regierung wirft Poroschenko vor, er sehe sich als über dem Gesetz stehend an. Die Staatsanwaltschaft und die Gerichte seien unabhängig. Kritiker sehen in dem Prozess ein unüberlegtes Ablenkungsmanöver der Regierung zu einem Zeitpunkt, da die Ukraine eine mögliche Invasion Russlands fürchtet. Westliche Diplomaten hatten vor Poroschenkos Ankunft in Kiew zur politischen Einheit der Ukraine aufgerufen. Poroschenkos Rückkehr nach Kiew fällt zeitlich mit dem Besuch von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock zusammen.

Poroschenko, dem ein Süßwarenkonzern gehört und der einer der reichsten Männer der Ukraine ist, war 2014 zum Präsidenten gewählt worden. Er schlug einen pro-westlichen Kurs ein, nachdem sein pro-russischer Vorgänger Viktor Janukowitsch im Zuge von Massenprotesten auf dem Maidan gestürzt worden war. 2019 trat Poroschenko erneut zur Präsidentenwahl an. Er unterlag jedoch Selenskyj, der mit seinem Versprechen, die Korruption zu bekämpfen und den Einfluss der Oligarchen einzudämmen, einen erdrutschartigen Sieg errang.

Der Milliardär hatte die Ukraine von 2014 bis 2019 regiert, bevor er bei den Wahlen Selenskij unterlag. Die Behörden untersuchen laut eigenen Angaben dutzende Straftaten, in die der 56-Jährige verwickelt sein soll. Im Dezember gaben sie bekannt, dass sie den Anführer der Oppositionspartei Europäische Solidarität des "Hochverrats" verdächtigen. Poroschenko hatte das Land indessen Richtung EU verlassen. Ein Gericht in Kiew soll am Montag entscheiden, ob Poroschenko verhaftet werden sollte, und der ehemalige Staatschef sagte, er werde an dieser Anhörung teilnehmen.

Poroschenko wird verdächtigt, den prorussischen Separatisten im Osten der Ukraine in den Jahren 2014 und 2015 den Verkauf von Kohle ermöglicht zu haben. Dabei geht es um ein Volumen von rund 48 Millionen Euro. Kiew kämpft seit 2014 gegen die Separatisten, die im Osten des Landes zwei selbsterklärte Volksrepubliken errichtet haben. Dem Ex-Präsidenten drohen bei einer Verurteilung bis zu 15 Jahre Haft.

Ukraine vor "größten" Sicherheitsrisiko seit 30 Jahren

Poroschenko erklärte am Sonntag, die Ukraine stehe vor dem "größten" Sicherheitsrisiko seit 30 Jahren. In den vergangenen Monaten sind die Spannungen mit Moskau hochgekocht, weil Russland zehntausende Soldaten an der Ostgrenze zur Ukraine zusammengezogen hat. Der Westen warnt deshalb vor einem russischen Einmarsch in der Ukraine.

In einem auf Facebook veröffentlichten Video warf Poroschenko seinem Nachfolger vor, nicht genug für den Schutz der Ukraine vor Russland zu tun. Er bot eine Kooperation an: "Wir sind bereit, den Behörden zu helfen", sagte er und fügte hinzu, seine Partei werde "alle Initiativen unterstützen, die darauf abzielen, das Verteidigungspotenzial unseres Staates und die europäische Ausrichtung unseres Landes zu stärken".

Am Montag soll auch die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock zu Gesprächen mit der ukrainischen Regierung in Kiew eintreffen. Am Dienstag will sie nach Moskau weiterfliegen.

(APA/AFP)

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