Diplomatie

Baerbock in Kiew: "Diplomatie der einzig gangbare Weg"

Baerbock besuchte das Denkmal der "Himmlischen Hundertschaft" in Kiew.
Baerbock besuchte das Denkmal der "Himmlischen Hundertschaft" in Kiew.imago images/photothek
  • Drucken

Die neue deutsche Außenministerin will in Kiew und Moskau für weitere Gespräche werben. Waffenlieferungen in die Ukraine aus Deutschland schließt Baerbock aus.

Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock hat der Ukraine diplomatische Unterstützung zur Lösung der Krise mit Russland zugesagt, Waffenlieferungen aber erneut abgelehnt. "Diplomatie ist der einzig gangbare Weg", forderte die Grünen-Politikerin am Montag bei einem Treffen mit ihrem ukrainischen Kollegen Dmytro Kuleba in der ukrainischen Hauptstadt Kiews eine friedliche Lösung. "Wir haben einen langen Atem", sagte Baerbock. Deutschland sei bereit zum Dialog mit Russland.

Hintergrund sind Ängste Kiews vor einem Angriff Russlands. Zur Unterstützung bot sie der Ukraine einen intensiven Austausch im Bereich erneuerbare Energien und der Nutzung von Wasserstoff an. Noch am Abend wollte Baerbock nach Moskau weiterreisen, wo am Dienstag Gespräche mit Außenminister Sergej Lawrow über eine Deeskalation der Lage geplant waren.

Lawrow ortet „falsche Anschuldigungen"

Lawrow wies der Agentur Interfax zufolge Vorwürfe der USA als "Falschinformation" zurück, dass mutmaßlich eigene Agenten eine Spezialoperation im Osten der Ukraine planten. Die US-Regierung hatte Moskau vorgeworfen, einen Vorwand für einen möglichen Einmarsch in die Ukraine zu schaffen. Der Kreml bezeichnete dies als "falsche Anschuldigungen".

Baerbock sagte, die Situation sei wahnsinnig schwierig. "Es gibt nicht diese eine Zaubertür, die man öffnen kann, und dann ist die Krise gelöst." Es müssten vielmehr die unterschiedlichen Verhandlungsformate genutzt werden. "Und wenn es nicht die eine Tür gibt, dann werden wir unterschiedliche Fenster öffnen, mit denen wir dafür sorgen können, dass diese derzeitige Bedrohungssituation für die Ukraine deeskaliert wird und wir an den Verhandlungstisch endlich zurückkehren können."

In der vergangenen Woche hatte es ergebnislose Verhandlungen zwischen den USA und Russland, im Nato-Russland-Rat und in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gegeben. Baerbock betonte, gerade die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) spiele eine enorm wichtige Rolle beim Schutz der Zivilbevölkerung, der Überwachung der Sicherheit in der Ostukraine und zur Lösung der Konflikte. Die OSZE sei zur Sicherheit Europas geschaffen worden - "und jetzt ist ein Moment, diese Institution gemeinsam zu nutzen".

Baerbock will Donbass besuchen

Baerbock kündigte an, dass sie in Kürze mit dem französischen Außenminister Jean-Yves Le Drian die Kontaktlinie im Konfliktgebiet Donbass besuchen wolle, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Die Situation dort sei "mehr als bedrückend" vor allem jetzt im Winter, sagte sie nach einem Gespräch bei der Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Kiew. "Wir brauchen Fortschritte bei der Umsetzung der Minsker Vereinbarung."

Ein in Minsk (Belarus) vereinbarter Friedensplan liegt auf Eis. Die Ukraine und Russland werfen sich gegenseitig vor, gegen das Abkommen zu verstoßen. Mehr als 14.000 Menschen sind nach UN-Schätzungen im Donbass seit 2014 bei Kämpfen zwischen ukrainischen Regierungstruppen und den von Russland unterstützten Separatisten getötet worden. Unter anderem die EU und die USA haben gegen Russland Sanktionen wegen des Ukraine-Konflikts verhängt.

Keine Waffenlieferungen

Baerbock lehnte ukrainische Forderungen nach deutschen Waffenlieferungen erneut ab. Eine starke Außenpolitik kennzeichne, dass man eine klare Haltung habe. Deswegen ändere sie das, was sie "vor ein paar Wochen oder auch vor Monaten gesagt hat, nicht nach dem, wo ich gerade hinfahre". Die Haltung zu Waffenlieferungen und für eine restriktive Rüstungsexportpolitik sei auch in der deutschen Geschichte begründet. Baerbock betonte zugleich, dass "jede weitere Aggression einen großen Preis für das russische Regime hätte". Die EU und die USA haben für den Fall eines Überfalls Russlands auf die Ukraine mit scharfen Sanktionen gedroht.

Baerbock sprach sich erneut dafür aus, das sogenannte Normandie-Format für die Lösung des Konflikts wieder mit Leben zu füllen. Deutschland und Frankreich vermitteln dabei in dem Konflikt zwischen der Ukraine und Russland. Kuleba betonte: "Unser gemeinsames Ziel ist die normale Arbeit des Normandie-Formats und ein neues Treffen im Normandie-Format."

Experten sollen bei Aufklärung von Cyberangriff helfen

Mit Blick auf einen größeren Cyberangriff auf Internetseiten der ukrainischen Regierung bot Baerbock an, Experten des deutschen Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik zur Unterstützung und Aufklärung bereitzustellen. Russland hat Vorwürfe zurückgewiesen, mit der Hackerattacke etwas zu tun zu haben.

Am Nachmittag wollte auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij Baerbock empfangen. Zudem war ein Gespräch der Ministerin mit Vertretern des Ukrainischen Wasserstoffrats geplant, der sich für die Entwicklung des Wasserstoff-Sektors in der Ukraine einsetzt. Baerbock kündigte an, demnächst solle in Kiew ein Büro für Wasserstoff-Diplomatie eröffnet werden.

Scholz erwartet von Russland Deeskalation

Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat die Führung in Moskau unterdessen aufgefordert, im Ukraine-Konflikt eindeutige Schritte hin zu einer Deeskalation zu unternehmen. Die Lage an der ukrainisch- russischen Grenze beunruhige die Regierungen in Berlin und Madrid und sei "sehr, sehr ernst", sagte Scholz am Montag in der spanischen Hauptstadt bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Ministerpräsident Pedro Sánchez.

Klar sei auch: "Eine militärische Aggression gegen die Ukraine würde schwerwiegende politische wie auch wirtschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen. Deshalb ist es unsere Aufgabe, alles dafür zu tun, dass eine solche Entwicklung vermieden werden kann, unter der am Ende ja doch alle leiden müssen", warnte Scholz bei dem gemeinsamen Auftritt mit dem ebenfalls sozialdemokratischen Premier Sánchez.

(APA/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Russlands Außenminister Sergej Lawrow im Gespräch mit seiner deutschen Amtskollegin Annalena Baerbock in Moskau.
Russland

Lawrow-Lapsus: Ein kleiner Versprecher mit großer Symbolik

Der russische Außenminister begrüßte die neue deutsche Kollegin Annalena Baerbock in Moskau mit einem Wunsch nach besseren "russisch-amerikanischen Beziehungen“.
Russland-Krise

Die Feuertaufe der Annalena Baerbock

Die deutsche Außenministerin reist nach Kiew und Moskau. Aber was kann sie dort überhaupt bewirken?
 Heikles Gelände: Ukrainische Soldaten am Rande eines Minenfelds in der abtrünnigen Region Donezk.
Ukraine-Kriegsgefahr

"Wir leben in einer Welt der Lügen"

Kremlsprecher Dmitri Peskow nennt Verdächtigungen bezüglich eines möglichen Angriffs „Fake News“. Microsoft fand „digitale Bomben“ in ukrainischen Computern.
Microsoft

Zerstörerische Schadsoftware auf Regierungs-PCs in Ukraine

Microsoft-Sicherheitsforscher sehen ein erhöhtes Risiko für alle Computer-Systeme in der Ukraine. Die eingesetzte Schadsoftware tarne sich als Trojaner, sei aber für einen ganz anderen Zweck gedacht.
Drei Soldaten einer motorisierten Infanteriedivision jüngst bei einem Manöver in der südrussischen Region Rostow. Kommen sie demnächst in der Ukraine zum Einsatz?
Nato-Osterweiterung

Putins Glaubenskrieg mit der Nato

Wladimir Putin schickt Panzer gen Ukraine. Er zündelt, weil er sich betrogen fühlt: Mit der Nato-Osterweiterung soll der Westen Versprechen aus 1990 gebrochen haben. Doch stimmt das? Was Einer sagt, der 1990 dabei gewesen ist.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.