Epstein-Barr-Virus

Pfeiffersches Drüsenfieber könnte Voraussetzung für Multiple Sklerose sein

Multiple Sklerose ist eine entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die zu Behinderungen führen kann.
Multiple Sklerose ist eine entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die zu Behinderungen führen kann.Die Presse
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Mögliche Ursachen für eine Multiple-Sklerose-Erkrankung gibt es viele. Eine neue Studie weist darauf hin, dass der Zusammenhang mit dem Epstein-Barr-Virus größer ist, als bisher gedacht.

Rund 95 Prozent aller Menschen sind mit hoher Wahrscheinlichkeit damit infiziert, die meisten wissen es nicht einmal. Das Epstein-Barr-Virus (EBV) ist ein Herpes-Stamm, der ebenso wie das für Fieberblasen verantwortliche Herpes Simplex sehr weit verbreitet ist. Dass Virusinfektionen eng mit Autoimmunerkrankungen zusammenhängen, ist nichts Neues. Forscher haben nun aber Hinweise darauf gefunden, dass eine EBV-Infektion enger mit Multipler Sklerose (MS) zusammenhängen könnte, als bisher gedacht, wie das Online-Magazin „Spektrum“ berichtet.

Volkskrankheit mit möglichen Spätfolgen

Damit aber nicht genug, denn nicht nur die Infektion mit dem Herpes-Stamm begünstigt die Erkrankung an Multipler Sklerose. Das Risiko steigt nochmals drastisch, wenn die betroffene Person ebenfalls an infektiöser Mononukleose erkrankt ist. Die Folgeerkrankung einer EBV-Infektion, besser bekannt als Pfeiffersches Drüsenfieber, ist vielen schon eher ein Begriff. Nicht zuletzt, weil sie insbesondere bei einer Infektion im Erwachsenenalter schwere Verläufe annehmen kann.

Auch bekannt als die „Kissing Disease“ bricht das Drüsenfieber nach intensivem Schleimhautkontakt mit einer EBV-infizierten Person aus. Steckt man sich bereits im Kindergarten mit dem Epstein-Barr-Virus an, bleibt einem die Folgeerkrankung meist erspart – die Infizierten wissen in den meisten Fällen nichts von ihrer Erkrankung. Eine Infektion im Erwachsenenalter kann jedoch zu wochen- bis monatelanger Bettlägerigkeit bis hin zu Spitalsaufenthalten führen. Aufgrund der hohen Verbreitung des Epstein-Barr-Virus und der oftmals asymptomatischen Verläufe ist eine Ansteckung im Laufe des Lebens für die meisten Menschen sehr wahrscheinlich.

Die Ergebnisse der neuen Studie deuten darauf hin, dass das Epstein-Barr-Virus quasi Voraussetzung für MS ist. Konkret hat eine Arbeitsgruppe um Alberto Ascherio von der Harvard School of Public Health in Boston die Daten von 10 Millionen Mitgliedern des US-Militärs analysiert. Bei 801 Personen wurde im Laufe der Studie eine Multiple Sklerose festgestellt. Bis auf eine Person wiesen alle Betroffenen EBV-Antikörper auf. Bei den Personen, die sich erst während des Untersuchungszeitraums mit dem Virus ansteckten, stiegen jene Blutwerte, die auf MS hindeuten, erst, wenn die Betroffenen Antikörper gegen EBV entwickelten. Ausnahmslose alle von ihnen steckten sich vor Ausbruch der Multiplen Sklerose mit EBV an.

Momentan noch keine Heilung in Sicht

Dass ein Zusammenhang zwischen EBV und Multipler Sklerose besteht, vermuten Forscher bereits seit Jahren. Ob das Epstein-Barr-Virus bzw. das Pfeiffersche Drüsenfieber aber nicht nur Voraussetzung, sondern auch Ursache für eine Erkrankung an MS ist, kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht gesagt werden. Die Tatsache, dass sich das Drüsenfieber negativ auf das MS-Risiko auswirkt, ist jedoch ein wichtiger Anhaltspunkt für weitere Forschung.

Ein Impfstoff gegen das Epstein-Barr-Virus könnt einen Durchbruch in der Bekämpfung der Multiplen Sklerose darstellen, für die es momentan noch keine Heilung gibt. An der Entwicklung eines Vakzins gegen Herpes-Viren wird seit Jahren intensiv geforscht, jedoch bisher mit eher mäßigem Erfolg. Die Entwicklung eines Impfstoffes, der die Ansteckung mit EBV verhindert, ist aus heutiger Sicht unwahrscheinlich. Wahrscheinlicher ist ein Vakzin, das den Ausbruch der Mononukleose verhindert, wie das „Spektrum“ berichtete. Auf diese Weise könnte das Risiko einer EBV-bedingten Multiplen Sklerose verringert werden. Erbliche Faktoren und Umwelteinflüsse, die als Hauptindikatoren für MS gelten, bleiben jedoch weiter bestehen.

(vahe)

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