Fernsehfilm

ORF-Landkrimi: Die Selbstgerechtigkeit der Landmenschen

Vier
Vier(c) ORF (Julia Dragosits)
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In Marie Kreutzers untypischem Landkrimi „Vier“, am Dienstag im ORF-Hauptabend, werden drei tote Säuglinge gefunden. Eine düstere, kühle Geschichte, deren dramaturgischer Höhepunkt sich nicht erschließt.

Knallige Regenmäntel in nachtschwarzen Regenszenerien verheißen nichts Gutes, nicht in Stephen Kings „Es“, nicht in „Wenn die Gondeln Trauer tragen“, auch nicht im Landkrimi „Vier“, der am Dienstag im ORF 1-Hauptabend gezeigt wird. Die junge Dorfpolizistin Ulli (Julia Franz Richter) tritt mit einem sonnengelben Regenmangel bekleidet in den überschwemmten Keller eines alten Hauses im niederösterreichischen Krumau am Kamp. Feuerwehrleute haben beim Auspumpen die Überreste dreier Säuglinge entdeckt. Die Toten liegen schon lang dort. Das Haus war zehn Jahre unbewohnt, ehe ein schwuler Arzt (Manuel Rubey) und sein Partner (nuanciert: Laurence Rupp) es gekauft haben.

Davor lebte die Familie Tummler dort. Ehe die elfjährige Tochter Claudia spurlos verschwand, der Vater Suizid beging und die Mutter wegging. Hängen die Verbrechen zusammen? Die Nachforschungen der Dorfpolizistin und der hinzugezogenen Mordermittlerin (resolut: Regina Fritsch) führen also in die Vergangenheit. Doch man sieht wenig vom ungleichen Duo. Regisseurin und Drehbuchautorin Marie Kreutzer hat mit „Vier“ keinen klassischen Krimi gedreht. Die Kindstötung rückt bald in den Hintergrund, zugunsten des Rätsels um das verschwundene Mädchen, das Ulli allein zu lösen versucht.

Die Landschaft spielt immer eine gewichtige Rolle in der ORF-Krimireihe, die einst entstand, um die Bundesländer im ORF stärker abzubilden, und dank etablierter Regisseure immer wieder Hervorragendes hervorgebracht hat. In „Vier“ strahlt die Waldviertler Landschaft eine düstere Kühle aus, die sich in den Figuren wiederfindet. Tränen fließen wenige, die wichtigste Umarmung ist einseitig. Man will seine Gefühle lieber für sich behalten. Die Sorgen einschließen. Wie die schwangere Ulli, die befürchtet, wieder ein Kind zu verlieren. Der dramaturgische Höhepunkt des Krimis erschließt sich indessen nicht ganz: Ulli sorgt dafür, dass sich zwei Menschen wiedersehen, wohl wissend, dass Traumata dadurch wieder aufleben. Das zeugt nicht von Gefühl, sondern wirkt selbstgerecht.

Ein wenig passt das zum Bild von Landmenschen, das „Vier“ zeichnet. Ist ein schwules Paar tatsächlich noch eine Attraktion am Land? Ist das höchste Ziel für Landmenschen wirklich, möglichst normal zu sein, wie Ullis Ehemann meint? Die schablonenhafte Zeichnung überdeckt leider ein Thema, das Kreutzer mit viel Sensibilität anreißt: den Kinderwunsch und welche Ängste dieser auslöst.

Vier
Vier(c) ORF (Julia Dragosits)

>> Der Landkrimi „Vier“ kann in der ORF-TVthek nachgesehen werden

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