Anreize

1,4 Milliarden-Paket: Regierung lockt mit Lotterie zum Impfen

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Kanzler Karl Nehammer (ÖVP)und SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner präsentieren ein Impf-Anreizsystem.
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Kanzler Karl Nehammer (ÖVP)und SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner präsentieren ein Impf-Anreizsystem. (c) Roland Schlager, APA
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Neben einer Impfpflicht beschließen ÖVP, Grüne und SPÖ heute auch eine Impflotterie, bei der Gutscheine im Wert von 500 Euro vergeben werden. Gemeinden erhalten Zuschüsse, wenn sie bestimmte Impfquoten erreichen.

Im Parlament steht heute der Beschluss der allgemeinen Impfpflicht gegen das Coronavirus auf der Agenda der Abgeordneten. Damit soll - so der Wunsch der Regierungsparteien ÖVP und Grüne - eine hohe Impfrate erreicht werden, um in keinen weiteren Lockdown mehr zu geraten. Allerdings: Prognosen gehen davon aus, dass auch mittels Strafen nicht alle Bürgerinnen und Bürger zur Spritze gebracht werden können. Um diese doch noch zu erreichen, setzt Türkis-Grün nun gemeinsam mit der SPÖ auf finanzielle Belohnungen.

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Bis zum 1. Februar, wenn die Impfpflicht in Kraft treten wird - sie wird heute jedenfalls mit Stimmen der Volkspartei, Grünen sowie wohl mehrheitlich der SPÖ und teilweise der Neos beschlossen werden - sollen die Gemeinden, Kommunen und Städte ihre Einwohnerinnen und Einwohner weiter über die Vor- und Nachteile einer Impfung informieren. Und auch über dieses Datum hinaus soll aufgeklärt und das Gespräch gesucht werden, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) Donnerstagvormittag. Ein Aufwand, der entlohnt werden soll: nicht nur die Perspektive auf ein Ende der Pandemie, sondern auch mit Geld. Abhängig von der jeweiligen Bevölkerungszahl werde es ab Erreichen einer bestimmten Impfquote Zuschüsse geben.

Im Detail bedeutet das: Bei einer Impfquote von 80 Prozent wird ein Basisbetrag von insgesamt 75 Millionen Euro ausgeschüttet, bei 85 Prozent sind es 150 Millionen und bei 90 Prozent werden 300 Millionen Euro ausgeschüttet. Als Beispiel nannte Nehammer eine durchschnittliche Gemeinde mit 3000 Einwohnern, die bei 80 Prozent 30.000 Euro bekommen soll, bei 85 Prozent 60.000 Euro und bei 90 Prozent 120.000 Euro. Das Geld könne dann in Kindergärten, Spielplätze oder andere kommunale Aufgaben investiert werden.

„Jeder Zehnte gewinnt 500 Euro“ 

Daneben soll ab 15. März eine Impflotterie mit Gutscheinen etabliert werden: „Das Volumen ist in diesem Fall riesig“, betonte Nehammer: „Es gibt fünf Millionen Teilnehmer“, schätzte er und meinte damit all jene, die sich bereits drei Mal haben impfen lassen: „Bei 15 Millionen Teilimpfungen gewinnen 1,5  Millionen - also jede und jeder Zehnte“, rechnete der Regierungschef vor. Man hoffe aber, dass diese Zahlen noch weiter hochgeschraubt werden könnten, denn auch all jene, die sich jetzt entscheiden, sich immunisieren zu lassen, werden in die Lotterie aufgenommen.

Zu gewinnen gibt es für die Teilnehmer - alle, die sich bereits „Stiche“ gegen das Virus geholt haben und alle, die das noch planen - einen Gutschein im Wert von 500 Euro. Jede zehnte Teilimpfung kann demnach gewinnen. Eingelöst werden können die Gutscheine dann im heimischen Handel, der Gastronomie, in Hotels, Kultur- und Sporteinrichtungen. Abwickeln soll die Lotterie der ORF gemeinsam mit Partnern.

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Das für das Anreizsystem vorgesehene Volumen betrage bis zu 1,4 Milliarden Euro, sagte Nehammer. Diese Summen einzusetzen sei „vollkommen gerechtfertigt“. Der konkrete Rechenschlüssel dahinter: 75 Millionen Euro sollen in einem ersten Schritt für den Gemeindewettbewerb aufgewendet werden - bis hin zu einer Milliarde Euro. Bis zu 400 Millionen Euro seien für die Gemeinden vorgesehen.

Rendi-Wagner: „Impfpflicht löst nicht alle Probleme“

Sie habe sich stets dafür stark gemacht, „positive Anreize" für die Impfung zu setzen, ergänzte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Das sei mit dem nun geschaffenen Belohnungssystem gelungen, denn damit sollen nicht nur gesundheitliche Ziele erreicht, sondern auch heimische Unternehmen unterstützt werden - die Gutscheine sollen vorwiegend hier eingelöst werden können und nicht in erster Linie im Online-Handel. Durch das System könnten in der Folge Arbeitsplätze abgesichert und einige neue Jobs geschaffen werden, meinte Rendi-Wagner.

„Die Impfpflicht wird nicht alle Probleme lösen“, räumte die SPÖ-Vorsitzende ein. Und: Sie sei eine sehr emotionale Angelegenheit, weshalb sie nicht ausschließen könne, dass einige rote Mandatare heute vielleicht dagegen stimmen werden. Sie „als Wissenschaftlerin“ sehe in ihr aber einen Weg, sich aus der ständigen Bedrohung der persönlichen Gesundheit, der Wirtschaft und der Arbeitsplätze zu befreien.

Auch Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) meinte, dass die epidemiologische Situation die Einführung der Impfpflicht erfordere: „Auf diese Weise wird die Freiheit der Vielen geschützt - das erfordert den Eingriff in individuelle Rechte, damit wir aus der Dauerschleife Lockdown bzw. massive Eingriffe und Lockerungen herauskommen“, meinte er. Dass man nicht jeden erreichen werde, sei dennoch offenkundig: „Man muss nicht jedem Neonazi hinterherrennen.“ 

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