Vaccinations at the Humboldt Forum museum in Berlin
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Mitreden bei den Impfprämien: Wirkungsvolle Maßnahme oder Geldverschwendung?

Mit der Impfpflicht kommen auch finanzielle Anreize für Impfen. So gibt es Prämien für Gemeinden und eine Lotterie. Der richtige Weg? Diskutieren Sie mit!

Bald ist es soweit: Die allgemeine Impfpflicht wird in Kraft treten. Wer nicht geimpft ist, muss dann mit Geldstrafen rechnen. Was aber, wenn das als „Anreiz“ nicht genügt? Diese Frage bereitet der Politik schon länger Kopfzerbrechen. Das Stichwort Impfprämie ist zuletzt immer öfter gefallen. Nun setzt Türkis-Grün gemeinsam mit der SPÖ auf finanzielle Belohnungen - nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für Gemeinden, wenn sie eine bestimmte Impfquote erreichen: Je höher diese ist, desto mehr Geld soll in die kommunale Kasse fließen.

Daneben gibt es erneut eine Impflotterie. Vorreiter bei diesem Konzept war im Vorjahr das Burgenland, nach wie vor das Land mit den meisten Geimpften. Nun werden ab 15. März unter allen Geimpften in Österreich Gutscheine im Wert von 500 Euro verlost. Jede zehnte Teilimpfung kann gewinnen, abgewickelt werden soll die Lotterie vom ORF.  Eingelöst werden können die Gutscheine im heimischen Handel, der Gastronomie, in Hotels, Kultur- und Sporteinrichtungen. Insgesamt veranschlagt die Regierung 1,4 Milliarden Euro für das Anreizsystem.

„Österreichischer wird die Lösung nicht mehr. Die Politik führt eine Impfpflicht ein, aber gleichzeitig soll eine Gutscheinlotterie für Geimpfte Lust machen, sich piksen zu lassen“, schreibt Philipp Aichinger in einem Kommentar. Und weiter: „Das wäre ja an sich recht lustig, wenn Regierung und SPÖ für den am Donnerstag vorgestellten Spaß nicht eine Milliarde Euro an Steuergeld veranschlagt hätten“.

Bernhard Görg, ehemaliger Obmann der Wiener ÖVP, warnte bereits Anfang Jänner vor einem verantwortungslosen Umgang mit Steuergeld: „Wenn ich nur daran denke, wie schwierig es ist, für eine bessere psychologische Betreuung von Schülern auch nur ein paar zusätzliche Millionen lockerzumachen“, schreibt er in einem Gastkommentar. Und weiter: Die kurze Schallenberg-Regierung habe Mut bewiesen und „ohne Zwischenschritt über kostenpflichtige Tests“ eine allgemeine Impfpflicht beschlossen („Chapeau!). Wieso die Regierung jetzt noch eine Impfprämie nachschieben will, kann er abernicht verstehen. 

Ähnlich sieht es auch Kolumnistin Andrea Schurian. Ironisch spricht sie von einem „ausfbaufähigen Konzept“ - „wäre nur noch die Bepreisung gesetzeskonformen Verhaltens wie vorschriftsmäßiges Angurten, Einhalten von Geschwindigkeitsbeschränkungen und Rauchverboten, Nichtstehlen und Nichtmorden zu klären. Und die fristgerechte Steuerabgabe, die den Geldregen speisen muss."

Eine Impfprämie als Anreiz wurde nicht nur in den politischen Parteien diskutiert. Der Rektor der Grazer Med-Uni, Hellmut Samonigg, schlug Ende 2021 etwa ein Honorar von 1000 Euro für jeden Drittstich vor. Auch einige Betriebe haben bereits von sich aus entschieden, ihre Mitarbeiter für die Impfung zu belohnen, zum Beispiel eine Chemiefabrik in Bayern.

Bereits bevor überhaupt die ersten Impfdosen nach Österreich geliefert wurden, Ende 2020, sprach sich Rudolf Winter-Ebmer, Präsident der Nationalökonomischen Gesellschaft (NOeG), in einem Gastbeitrag für eine Impfprämie aus: „Radikale Impfgegner werden sich auch durch 100 Euro nicht überzeugen lassen. Um die geht es hier auch gar nicht. Es geht um Personen, die sich durch die Herdenimmunität geschützt fühlen oder denen eine Impfung zu umständlich ist. Eben da könnte ein finanzieller Anreiz hilfreich sein.“ Ob wir uns mit einer Prämie zu einem früheren Zeitpunkt einen Lockdown erspart hätten, werden wir wohl nie erfahren.

(sk)

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