Kolumne

Mut zum Jobwechsel

Trotzdem Abheben zum Traumjob
Trotzdem Abheben zum Traumjob(c) Getty Images (pinstock)
  • Drucken

Auf zum Traumjob. Folge 35. Traumjobs fallen nicht vom Himmel, aber...

Jobwechselphantasien treten ja bekanntlich bei vielen Menschen regelmäßig auf. Laut unterschiedlichen Studien sind zwischen 25 und 30 Prozent permanent mit ihrer aktuellen Position unzufrieden. Den entscheidenden Schritt wagen dann allerdings nur die Wenigsten.

„Um ein Entscheidung für mich zu treffen, muss ich ein ganz klares Bild davon haben, wie es für mich weitergeht“, sagte eine New/Outplacement-Klientin zu mir in der Beratung. In dem Unternehmen, in dem sie schon lange Jahre tätig ist, gab es eine neuerliche Restrukturierung.

Ihre Führungsposition wurde neu besetzt und ihr die Wahl zwischen einer Expertenrolle und einem Ausstiegspackage angeboten. Mit dem Unternehmen hat sie innerlich abgeschlossen. Sie ist 45 Jahre alt, hat einen Maturaabschluss und ist Mutter eines achtjährigen Sohnes.

An und für sich will sie gerne etwas Neues ausprobieren, wäre da nicht die Angst vor dem Ungewissen. In dieser oder ähnlichen Situationen finden sich viele Menschen, aber wie kann es an diesem Punkt weitergehen?

Wahl versus Entscheidung

„Eine Wahl sucht ihre Rechtfertigung in absehbaren Folgen, eine Entscheidung gerade nicht. Eine Wahl ist immer bedingt, eine Entscheidung unbedingt und damit eigentlich frei. Eine Entscheidung bricht im Idealfall aus der uns leitenden Vernunftlogik von Ursache und Wirkung befreiend aus.“ So beschreibt der Philosoph Ludwig Wittgenstein die Unterschiede.

Er hat sich ja bekanntlich dafür entschieden, auf ein Milliardenerbe zu verzichten. Fairerweise ist zu erwähnen, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits sein erstes philosophisches Meisterwerk publiziert hatte. Die Suche nach einem „klaren Bild“ ist in Wahrheit also oft die Sehnsucht nach einer echten Wahlmöglichkeit.

Diesem Missverständnis sitzen viele Menschen in ähnlichen Situationen auf. Und selbst wenn das nächste Ziel schon ganz deutlich ist, also wenn es beispielsweise eine Vision oder sogar eine Vorstellung vom nächsten Job gibt, scheint es am Ende des Tages noch immer nicht konkret genug.

Deshalb kann es hilfreich sein, sich vor einer Entscheidung bewusst zu machen, was einen erwarten wird. Dazu empfiehlt sich der Austausch mit Personen, die schon einmal einen derartigen Schritt gewagt haben.

Ebenso lohnenswert ist der Blick in die Statistik und diese besagt, dass der Wiedereinstieg nach der Trennung von einem Unternehmen für Führungskräfte in der Regel sechs Monate dauern wird.

Um nach einer Unternehmensgründung wieder ein angemessenes Einkommen zu erwirtschaften, sollten schon drei bis fünf Jahre veranschlagt werden. Garantien gibt es in beiden Fällen natürlich keine. Das ist wohlgemerkt die rein statistische Ausgangslage, also nüchtern betrachtet könnt man sagen.

Ängste überwinden

„Die Angst ist der Schwindel der Freiheit“, sagt Kierkegaard und so kann die Chancenlage zwar durchaus vielversprechend sein, jedoch fällt es manchen New/Outplacement-Klientinnen und -Klienten trotzdem immens schwer, den Sprung ins Ungewisse zu machen.

Das ist jedenfalls nachvollziehbar, denn wer kann denn schon so mir nichts dir nichts seine Lebensumstände und die damit verbundenen Ängste einfach ausblenden. Vor allem, da unsere Ängste ja die Aufgabe haben, uns vor Gefahren zu warnen. Derartige Warnungen in den Wind zu schlagen, wäre wohl kaum ein angemessenes Verhalten eines Erwachsenen, schon gar nicht eines Elternteiles.

Andererseits ist wiederum ganz klar, dass eine derartige Entscheidung niemals vollkommen angstfrei erfolgen kann. Selbst risikoaffinere Charaktere spüren dabei Angespanntheit, die man durchaus als Schwindel bezeichnen kann. Ein Patentrezept im Umgang mit den vielen unterschiedlichen Ängsten kann es nicht geben.

Dessen sollte sich jeder im Vorfeld bewusst sein. Ebenso wenig verschwinden diese nach getroffener Entscheidung. Viel wichtiger ist es auf lange Sicht, einen adäquaten Umgang mit ihnen zu trainieren, aber dazu sollten sie zumindest vorab schon mal bewusst gemacht werden.

Die kognitive Antizipation reicht hier nicht mehr aus. Ängste manifestieren sich in unserem ganzen Körper. Meine New/Outplacement-Klientinnen und -Klienten lasse ich, um sie greifbarer zu machen, in die Entscheidungssituation einsteigen, besser gesagt, die Position körpernah zu erleben. Das funktioniert folgendermaßen und zwar:

  1. Zwei Kärtchen beschriften. Das erste Kärtchen stellt Position eins dar und ist zum Beispiel mit „Job in aktuellem Unternehmen behalten“ beschriftet. Die zweite Position könnte „Eine neue Herausforderung suchen“ lauten.
  2. Danach werden die beiden Kärtchen auf dem Boden gegenüberliegend aufgelegt und die New/Outplacement-Klienten steigen mit dem ganzen Körper in die erste Position und die hochkommenden Empfindungen werden notiert.
  3. Selbiges wird mit der zweiten Position durchgeführt, die ja zumeist die angstbesetztere ist. Hier ist es ganz besonders wichtig alle aufkommenden Ängste zu benennen und sich bewusst zu machen. Im letzten Schritt könnten den jeweiligen Positionen noch Kärtchen mit Ressourcen hinzugefügt werden, nämlich solange bis man sich in der jeweiligen Position gestärkt fühlt. Angst ist ja sehr oft die mangelnde Wahrnehmung der eigenen Potenziale, weshalb eine Bewusstmachung selbiger weiterhelfen kann.

In punkto Wahrnehmung ist bei beiden Position zu unterscheiden ob es sich um Empfindungen von Anspannung gemischt Aufgeregtheit und Unsicherheit handelt oder ob die Rückmeldungen blanker Panik bzw. echtem Entsetzen entsprechen.

Das ist dann nämlich ein Hinweis darauf, dass entweder die Entscheidung für die aktuelle Lebenssituation einen zu großen Schritt darstellt oder gegebenenfalls an ein traumatisches persönliches oder familiäres Lebensereignis erinnern.

In diesem Fall ist dann nämlich eine noch intensivere Auseinandersetzung erforderlich. Im Regelfall ist die Vorwegnahme der eigenen Ängste aber eine gute Möglichkeit sich auf der grünen Wiese mal mit den Eventualitäten der Zukunft in einem sicheren Rahmen auseinanderzusetzen. Das Wechselspiel zwischen Körper und Geist gibt in weiterer Folge dann oft die Klarheit, die es braucht, um den geeigneten Weg zum Traumjob zu erkennen.

Gutes Gelingen

Michael Hanschitz

Michael Hanschitz
Michael Hanschitz(c) Marek Knopp

Michael Hanschitz ist seit nunmehr 15 Jahren als New/Outplacementberater, Autor und Karrierecoach tätig. Er ist Gründer des Beratungsunternehmens Outplacementberatung (www.outplacementberatung.co.at) und Autor des Buches Menschen fair behandeln. Mit seiner Arbeit unterstützt er Menschen und Organisationen in schwierigen Veränderungsprozessen. Beraten mit Herz und Verstand lautet seine Devise.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.