Fragwürdige Sonderzahlungen

Führung der deutschen Grünen weist Untreuevorwürfe zurück

'Ein Herz fuer Kinder' (A Heart for Children) TV charity telethon, in Berlin
'Ein Herz fuer Kinder' (A Heart for Children) TV charity telethon, in BerlinREUTERS
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Die Justiz ermittelt wegen der „Corona-Boni" an die Mitglieder der Parteispitze um Robert Habeck und Annalena Baerbock, die diese sich per Beschluss selbst genehmigt hatten. Interne Rechnungsprüfer hatten das schon vor geraumer Zeit kritisiert.

Am Tag nach dem Bekanntwerden von Ermittlungen der Justiz gegen die Führungsspitze der deutschen Grünen wegen Verdachts der Untreue war Noch-Parteichef Robert Habeck am Donnerstag um eine Beruhigung der Lage bemüht. „Wir kooperieren vollumfänglich", sagte der neu bestellte Wirtschafts- und Klimaschutzminister am Donnerstag. „Es wird sich jetzt alles sehr schnell aufklären."

Die Sache sei bereits vergangenes Jahr im Bundestag-Wahlkampf thematisiert und dabei „politisch durchgenudelt" worden.

Der „Spiegel" hatte am Mittwoch berichtet, dass die Berliner Staatsanwaltschaft gegen den Bundesvorstand der Grünen ermittle. Das bestätigten sowohl ein Sprecher der Behörde als auch der Partei. Zum Vorstand gehören neben den Noch-Parteichefs Habeck (52) und Annalena Baerbock (41) auch Generalsekretär Michael Kellner, die Vize-Vorsitzenden Ricarda Lang und Jamila Schaefer sowie Schatzmeister Marc Urbatsch. Beim Parteitag Ende nächster Woche wird ein neuer Bundesvorstand gewählt.

Die Ermittlungen wurden in der ersten Jännerwoche aufgrund von Anzeigen ungenannter Privatpersonen initiiert. Es geht um die Mitwirkung der Mitglieder des Bundesvorstands an Beschlüssen von 2020 zur Zahlung sogenannter Corona-Boni. Das waren Zuschüsse für alle Mitarbeiter der Bundesgeschäftsstelle als Ausgleich für pandemiebedingte Arbeit im Home-Office sowie Störungen durch den Umbau des Vorstandsgebäudes. Der Bonus betrug 1500 Euro pro Person – und floss eben auch an die Vorstände, die sich damit de facto selbst begünstigten.

Parteiinterne Rechnungsprüfer hatten die Zahlungen an den Vorstand nachweislich beanstandet. Den Beschluss hätte zumindest der Bundesfinanzrat der Grünen genehmigen müssen, dem neben dem Bundesschatzmeister auch Vertreter der Landesparteien angehören, merkten die Prüfer damals an, da er „nicht allein von den begünstigten Personen getroffen werden sollte". Letztlich habe der Beschluss interne Regeln verletzt.

Geld schon zurückbezahlt

Laut deutschem Strafrecht liegt Untreue vereinfacht gesagt vor, wenn jemand das Vermögen eines Dritten durch rechtsmissbräuchliche Ausübung der Verfügungsmacht oder Bruch eines Treueverhältnisses schädigt. Die Ermittlungen laufen diesfalls auf Untreue zum Nachteil der eigenen Partei.

Der Vorstand sei zu den Beschlüssen sehr wohl legitimiert gewesen, sagte hingegen ein Sprecher der Grünen. Die Vorstände hätten die Boni allerdings später zurückgezahlt. Die Prüfer hatten übrigens auch eine Sonderzahlung für 2019 bemängelt, die unter anderem mit dem guten Ergebnis bei der Europawahl begründet worden war. Schatzmeister Urbatsch hatte damals die Rückzahlung angekündigt und erklärt, Sonderzahlungen für den Vorstand sollten generell gestrichen werden.

Die Corona-Boni waren 2021 bekannt geworden. Damals flog auf, dass es Co-Parteichefin Baerbock verabsäumt hatte, Sonderzahlungen der Partei dem Bundestag als Nebeneinkünfte zu deklarieren. Sie holte das zwar nach, aber es erwies sich so wie manch anderes Fettnäpfchen Baerbocks als Problem für den Bundestag-Wahlkampf der Grünen.

Eine Frage der Glaubwürdigkeit

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, forderte in der „Rheinischen Post" eine zügige Aufklärung der Vorgänge. „Es stellt sich die Frage, wie es passieren kann, dass ein Gremium der Grünen einen Beschluss fasst, von dem in erster Linie die Mitglieder dieses Gremiums finanziell profitieren", sagte der CDU-Politiker. Wenn man gegen parteiinterne Regeln verstoße, gehe es schnell auch um die eigene Glaubwürdigkeit.

(APA/DPA/Reuters/red.)

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