ÖVP/FPÖ

Was von Ausländer-Ansagen bleibt

Sebastian Kurz (ÖVP) und Heinz-Christian Strache  (FPÖ) verfolgten eine harte Migrationspolitik – etliche Maßnahmen wurden später höchstgerichtlich gekippt.
Sebastian Kurz (ÖVP) und Heinz-Christian Strache (FPÖ) verfolgten eine harte Migrationspolitik – etliche Maßnahmen wurden später höchstgerichtlich gekippt. REUTERS
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Mit der Kürzung der Familienbeihilfe für Kinder im Ausland wurde ein türkis-blaues Prestigeprojekt gekippt – es ist längst nicht das einzige. Ein Überblick von Kopftuch bis Sozialhilfe.

Wien. Harte Migrationspolitik war eines der zentralen Elemente und die große Schnittmenge in der türkis-blauen Koalition. Im Stakkato wurden populäre Vorhaben angekündigt, von Sozialhilfekürzungen bis zu Kopftuchverboten. Widerstand dagegen war meist programmiert – und mitunter sogar einkalkuliert. Allein: Abgesehen von der Verstaatlichung der Asylberatung ist wenig von den türkis-blauen Migration-Prestigeprojekten geblieben. Jetzt hat der Europäische Gerichtshof auch noch – wie erwartet – die Kürzung der Familienbeihilfe gekippt. Ein karges Erbe im Überblick.


Familienbeihilfe.Noch bevor Sebastian Kurz Kanzler geworden ist, hat er gefordert, dass für Kinder im Ausland weniger Familienbeihilfe auszuzahlen ist, wenn dort das Preisniveau geringer ist. Etliche Experten erklärten schon damals, dass dies nicht gehe, die ÖVP stützte sich dabei auf ein einzelnes Rechtsgutachten. 2018 wurde die Kürzung schließlich von Türkis-Blau beschlossen – womit etwa für Kinder in Rumänien nur noch die Hälfte, dafür etwa für Kinder in Irland mehr ausbezahlt wurde. Diese Woche wurde das erwartungsgemäß vom Europäischen Gerichtshof gekippt, Österreich muss also nachzahlen. Übrigens: In den seltenen Fällen, in denen mehr bezahlt wurde – etwa für Kinder in Irland – dürfte nichts rückgefordert werden. „Ich gehe nicht davon aus, denn mehr zahlen widerspricht dem Unionsrecht nicht“, sagt Europarechtler Walter Obwexer.

Sozialhilfe. Weniger Sozialhilfe für Zuwanderer, die schlecht Deutsch sprechen – das war, neben einer Staffelung der Beträge für Kinder, der Kern der türkis-blauen Sozialhilfereform. Schon vor dem Beschluss gab es rechtliche Bedenken, letztlich hob der Verfassungsgerichtshof das Projekt größtenteils auf, weil er den Gleichheitsgrundsatz verletzt sah.

Kopftuchverbot. Dies geschah laut VfGH auch beim türkis-blauen Kopftuchverbot in der Volksschule: Das Höchstgericht hob die Maßnahme 2020 auf, weil es „gegen den Gleichheitsgrundsatz in Verbindung mit Recht auf Religionsfreiheit“ verstoße. Laut dem Rechtsexperten Ralph Janik war diese Entscheidung im Vorfeld jedoch nicht zwingend absehbar, weil die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in dieser Frage einigermaßen uneinheitlich sei, wie er sagt.

Moscheen-Schließungen.
Öffentlichkeitswirksam wurden 2018 von Türkis-Blau im „Kampf gegen den politischen Islam“ Moscheen geschlossenund die Arabische Kultusgemeinde aufgelöst – das Landesverwaltungsgericht Wien erklärte dies für rechtswidrig.

Keine Lehre für Asylwerber.
2018 entschied dieblaue Sozialministerin, Beate Hartinger-Klein, dass Asylwerber nur als befristete Saisonarbeiter Jobs annehmen und keine Lehre beginnen dürfen. Im Vorjahr wurden die Erlässe dafür vom VfGH gekippt – mit überschaubaren Folgen: Derzeit sind laut Arbeitsministerium knapp 500 Asylwerber in Beschäftigung.

1,50 Euro Stundenlohn bei Flüchtlingsjobs und Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber.
Diese türkis-blauen Ideen wurden zwar heftig diskutiert, die Sicherungshaft war auch bei Türkis-Grün Thema. Beschlossen wurden die Ansagen allerdings nie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2022)

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