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EAG-Novelle bringt mehr Rechtssicherheit für Stromkunden

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Die EAG-Novelle wurde gestern im Nationalrat beschlossen. Die Wirtschaft, die Arbeiterkammer und auch Anwälte wollen weitere Verbesserungsschritte sehen.

Energieverbraucher in Österreich bekommen mehr Rechtssicherheit für Preisanpassungen und Lieferverträge. Dafür sorgen zusätzliche Regelungen, die im Zuge der Novellierung des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes (EAG) ins Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (ElWOG) einfließen. Die EAG-Novelle wurde gestern im Nationalrat beschlossen. Die Wirtschaft, die Arbeiterkammer und auch Anwälte wollen weitere Verbesserungsschritte sehen.

Zwar begrüßt die heimische Industrie die Entlastung für die Stromkunden. "Im Hinblick auf die alarmierende Energiekostenentwicklung kann es aber nur ein erster Schritt sein", betonte der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill, am Freitag in einer Aussendung. So seien etwa weitere Maßnahmen, wie die Kompensation von erhöhten Strompreisen aufgrund hoher CO2-Zertifikatekosten ("Indirektes Carbon Leakage"), wie sie in Deutschland und anderen EU-Ländern seit Jahren existieren, auch in Österreich umzusetzen. Weiters müsse Kosteneffizienz gerade vor dem Hintergrund der explodierenden Energiepreise das Leitmotiv bei der Ökostromförderung sein: "Mit jedem Fördereuro sollte ein Maximum an Erneuerbarem Strom generiert werden", so Knill.

Seit Jahresende sei bekannt, dass eine Novellierung des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes die Voraussetzung für die Notifizierung durch die EU-Kommission ist, erinnerte die Interessenvertretung der E-Wirtschaft. Die erforderlichen gesetzlichen Änderungen wurden nun von den Regierungsparteien und der SPÖ beschlossen. "Damit gibt es nun eine verbindliche Grundlage für den Ausbau erneuerbarer Erzeugungsanlagen in Österreich", teilte der Präsident von Oesterreichs Energie, Michael Strugl, mit. Das EAG strukturiere die Förderungen im Bereich der erneuerbaren Erzeugung neu und schaffe damit die gesetzliche Grundlage für die Energiewende in Österreich.

Nach achtjähriger Diskussion über eine große Reform des Ökostromgesetzes gehe die Windkraft bereits ins dritte Jahr ohne Realisierungsmöglichkeit für neue Projekte, betonte der Geschäftsführer die IG Windkraft, Stefan Moidl. "Nach diesem wichtigen Schritt, dem Beschluss des EAG im Parlament, muss bei der Umsetzung ein Turbo gezündet werden", mahnte er. "Wie stark der Anreiz sein wird und welche Ausbaumengen mit diesem EAG möglich sind, wird die Zukunft zeigen. Höchste Priorität hat jetzt die rasche Umsetzung der nötigen Verordnungen und die Etablierung der EAG-Abwicklungsstelle. Nur dann kann der Ausbau der Erneuerbaren endlich beginnen." Seit 2020 würden für neue Windkraftprojekte in Österreich keine Verträge vergeben. "Daher konnten diese bisher auch nicht mit dem Bau beginnen." Nun benötige es neben dem Gesetz auch erforderliche Verordnungen und die Einrichtung einer eigenen EAG-Abwicklungsstelle.

AK Wien ortet Licht und Schatten

Auch die Arbeiterkammer Wien ortet Licht und Schatten: Für die Konsumentinnen und Konsumenten gebe es zwar einige wichtige Verbesserungen. "Gleichzeitig werden aber die Sanktionsmöglichkeiten bei Preiserhöhungen geschwächt", teilte die AK mit. Die Klagsmöglichkeiten, um gegen rechtlich problematisch Preiserhöhungen vorgehen zu können, würden eingeschränkt, so die Kritik. Damit fehle eine wirksame "Rute im Fenster", um Energieversorger von unangemessenen Preiserhöhungen abzuhalten. Nun obliege die Verantwortung der Aufsichtsbehörde E-Control, "alle Preisänderungen dahingehend zu überprüfen, ob sie angemessen und sachlich begründet werden können".

"Bereits jetzt fällt auf, dass dieses Gesetz teilweise verfassungswidrig sein könnte", hielt die Anwaltskanzlei Haslinger/Nagele fest. Förderwerbern könne dadurch ein "erheblicher finanzieller Nachteil" entstehen. Das Gesetz sehe vor, dass Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften (EEG) bzw. Bürgerenergiegemeinschaften (BEG), die Ökostromanlagen betreiben, durch Marktprämien lediglich bis zu einem Ausmaß von maximal 50 Prozent der insgesamt erzeugten Strommenge gefördert werden könnten. Energiegemeinschaften könnten zwar grundsätzlich bis zu 100 Prozent des von ihnen erzeugten Stroms ins öffentliche Netz einspeisen und verkaufen, aber - anders als alle sonstigen Anlagenbetreiber - nur Marktprämien für 50 Prozent des von ihnen erzeugten und eingespeisten Stroms erhalten. "Unserer Ansicht nach handelt es sich dabei um eine verfassungswidrige Fördergrenze, welche die dezentrale Ökostromproduktion hemmt und die Energiewende schwächt", so Rechtsanwalt Johannes Hartlieb.

"Die Anpassungen bringen Rechtssicherheit zwischen den Konsumenten und den Versorgern. Und es gibt gesetzliche Vorgaben für Preisanpassungen - auch nach unten", hatte ÖVP-Energiesprecherin Abg. Tanja Graf am Donnerstagnachmittag im Gespräch mit der APA hervorgestrichen. Für die Informationspflichten gegenüber den Verbrauchern gebe es ganz bewusst konkrete Fristen - und erstmals auch einen gesetzlichen Rechtsanspruch auf Ratenzahlungen von bis zu 18 Monaten für offene Beträge aus Jahresabrechnungen.

"Jetzt können wir mit dem Ökostrom-Ausbau endlich voll durchstarten und Österreich auf ein leistbares und klimaneutrales Betriebssystem umstellen", hatte Lukas Hammer, Energiesprecher der Grünen, mitgeteilt. Die Änderung sei notwendig gewesen, um die beihilfenrechtlichen Vorgaben der EU-Kommission einzuarbeiten. "Nun gibt es auch grünes Licht für die Betriebsförderungen, die bis jetzt auf eine beihilfenrechtliche Freigabe warten mussten".

Anspruch auf Grundversorgung bei „letzter Mahnung"

Zudem müssten Energieverbraucher bei der sogenannten letzten Mahnung auf ihren Anspruch auf die Grund- und Ersatzversorgung aufmerksam gemacht werden - schriftlich und in einer verständlichen Form. "Damit kein Konsument ohne Energie dasteht", gebe es hier einen genauen Fristenlauf. Zudem hätten Energieversorger ihren freiwilligen Abschaltverzicht für soziale Härtefälle bis Ende März ausgedehnt, erinnerte sie - und seien wohl, falls nötig, auch zu einer weiteren Verlängerung bereit. Zudem würden die Mitglieder von Oesterreichs Energie ihre individuellen Beiträge in einem Energiearmutstopf um mindestens 20 Prozent erhöhen.

Die bisherige Rechtslage hatte oft dazu geführt, dass Preisanpassungen erst nach Einsprüchen gerichtlich geklärt werden mussten, hatte SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll schon am Mittwoch beklagt. In neueren Verträgen habe es immer öfter automatische Preisanpassungen gegeben und durch die aktuelle Preissituation immer öfter auch Kündigungen durch die Energieversorger. Diese Unsicherheiten würden mit der Novelle beseitigt. "Künftig gilt für Preisänderungen, dass sie nicht willkürlich erfolgen dürfen, und wenn, dann nur in einem 'angemessenen Verhältnis' zum Anlass stehen müssen", so Schroll.

(APA)

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