Zeichen der Zeit

Noch immer Wien im Blut

Glücklich, dass die Pandemie nicht unerträglich war.  Ilse Melamid.
Glücklich, dass die Pandemie nicht unerträglich war. Ilse Melamid. [ Foto: Schuhmacher]
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Ilse Melamid floh 1939 im Alter von elf Jahren mit einem Kindertransport aus Wien nach Großbritannien. Die heute fast 94-jährige New Yorkerin unterstützt die Organisation Selfhelp, die Programme zur Unterstützung von Holocaust-Überlebenden anbietet.

HÖNIGSBERG Linda 1931. HÖNIGSBERG Helene 1901. Schwester. Mutter. Der Name Hönigsberg ist auf der im vergangenen November in Wien eröffneten Shoah-Gedenkmauer zigmal zu finden. Dicht gedrängt reihen sich die in den hellen Stein eingemeißelten Namen aneinander. Die Schrift ist düster und eng. NACHNAME Vorname Geburtsjahr. NACHNAME Vorname Geburtsjahr. NACHNAME Vorname Geburtsjahr. 64.000 ermordete Jüdinnen und Juden. Eine Freundin in Wien hat Fotos von den Namen auf der Gedenkmauer gemacht und mir geschickt.

Im Dezember sitze ich in Ilse Melamids, geborene Hönigsberg, Wohnung in New York und überreiche ihr die Ausdrucke. Ihre drei Jahre jüngere Schwester und ihre Mutter wurden zunächst nach Theresienstadt deportiert und dann in Auschwitz ermordet. Ilse war darüber zu Kriegsende durch eine kurze Nachricht des Roten Kreuzes informiert worden. „Ich verschloss mich davor. Ich schloss die Tür zur Vergangenheit. Ich hätte nichts tun können“, sagt sie. Die Eröffnungszeremonie des Shoah-Denkmals hat sich die fast 94-Jährige im Internet angesehen. „Es war irgendwie schockierend. Die Mauern sind so überfüllt mit Namen, was sehr ausdrucksstark ist. Man spürt, wie die Leute zusammengedrängt wurden. Es ist ein fantastisches Denkmal.“

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