Tag der Elementarbildung

Kleinere Gruppen, mehr Personal: Verbesserungen in Kindergärten gefordert

Unter den derzeitigen Bedingungen sei es nicht möglich, jedes Kind bestmöglich in seiner Entwicklung zu begleiten, warnen Pädagogen.
Unter den derzeitigen Bedingungen sei es nicht möglich, jedes Kind bestmöglich in seiner Entwicklung zu begleiten, warnen Pädagogen.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Am heutigen Tag der Elementarbildung werden vielerorts Forderungen laut, wie die Situation der Kindergartenpädagogen verbessert werden kann. Ein zentraler Ansatz: Die Kindergärten, die bisher Ländersache sind, dem Bildungsministerium zu unterstellen.

Wie die Bedingungen an Kindergärten verbessern? Dazu gab es am Tag der Elementarbildung am Montag so einige Vorschläge. Nach mehreren Demonstrationen im Herbst haben Elementarpädagogen, Kindergarten-Träger und Gewerkschaft  erneut Reformen eingemahnt. Vertreter des Netzwerks Elementare Bildung (Nebö), das den Aktionstag koordiniert, wollen Forderungen an die politisch Zuständigen übergeben. Der ÖGB hat Aktionen in mehreren Bundesländern angekündigt. Die Forderung: bessere Rahmenbedingungen.

Kindergärten sind in Österreich Sache der Länder, dementsprechend gibt es neun unterschiedliche Mindeststandards etwa für Gruppengröße und den Fachkraft-Kind-Schlüssel. Eine der wichtigsten Forderungen auf der Liste des Nebö, die von 15 elementarpädagogischen Initiativen und Kindergartenträgern (u.a. Diakonie, Kinderfreunde, EduCare) unterstützt wird, ist deshalb auch, die Kindergärten dem Bildungsministerium zu unterstellen und den „Fleckerlteppich“ durch bundeseinheitliche Standards zu ersetzen.

Anzahl der Kinder pro Gruppe verringern

Zentral sei etwa die Anzahl der Kinder pro Gruppe, betont Nebö-Sprecherin Natascha Taslimi. Solange die Zahl so hoch sei - je nach Bundesland gibt es bei den Jüngsten acht bis 15, bei den Älteren 20 bis 25 Kinder pro Gruppe - werde es auch weiterhin Personalmangel geben. Und vor allem sei es so nicht möglich, jedes Kind bestmöglich in seiner Entwicklung zu begleiten: „Bei einer so hohen Anzahl von 25 Kindern bleibt besonders die individuelle Interaktion sehr oft auf der Strecke“, sagt Taslimi im Ö1-"Morgenjournal“ am Montag.

Um genug Zeit für jedes Kind zu haben, fordert sie eine Höchstgrenze von 18 Kindern, bei Kindern unter drei Jahren maximal acht Kinder pro Gruppe. Es brauche auch deshalb mehr Personal in jeder Gruppe, weil die Aufgaben in den vergangenen Jahren immer mehr geworden seien - abgesehen von den Herausforderungen der Coronapandemie. So müsse die Entwicklung jedes Kindes genau dokumentiert werden, so Taslimi, und nennt Beispiele: „Die Sprachstandserhebungen, die durchgeführt werden müssen, Beobachtungen, die dokumentiert werden, die Portfoliomappen, die für jedes Kind individuell erstellt werden.“

Dies alles erfordere Zeit der Elementarpädagogen, die, so Taslimi, ihr Wissen und Können unter den derzeitigen Rahmenbedingungen oft nicht vollständig einsetzen können. Die Arbeit in den Einrichtungen sei „sehr oft reduziert ist auf das Notwendigste, und das frustriert mit der Zeit“. Dies sei mit ein Grund, warum ein Großteil dann doch nicht mehr in den Beruf einsteigen wolle oder ihn nach kurzer Zeit wieder verlasse, schlussfolgert sie.

Ausbildungsinitiative, Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung

Außerdem im Forderungskatalog, der am Montag Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) und den Landesräten übergeben wird: Bezahlte Vorbereitungszeit, mehr Hochschulausbildungen für Kindergartenpädagogen und eine einheitliche Ausbildung für die Assistenzkräfte, eine faire und bundesweit einheitliche Entlohnung und ein Recht jedes Kindes auf Bildung und Inklusion. Außerdem wollen die elementarpädagogischen Experten bei der Formulierung einschlägiger Gesetze eingebunden werden.

Der Zusammenschluss "Auftrag. Bildung. Trägerinitiative Kinderbetreuung" aus gemeinnützigen Kindergartenträgern (u.a. Caritas) appellierte mit Blick auf die anstehenden Neuverhandlungen zur 15a-Vereinbarung für die Kindergärten an Bund und Länder, "allen Kindern in Österreich die beste Bildung zu ermöglichen". In vielen Gemeinden existieren immer noch keine Angebote für Unter-Dreijährige und es sei "beschämend", dass es noch bei weitem nicht genug Plätze für Kinder mit Behinderungen gebe. Neben einheitlichen Mindeststandards zur Verbesserung der Rahmenbedingungen und den finanziellen Mitteln, um diese auch umzusetzen, sei außerdem eine Ausbildungsinitiative nötig, vor allem für Quereinsteiger und Berufsumsteiger.

Die Sozialpartner pochten in einer Aussendung mit Blick auf die 15a-Vereinbarung erneut auf einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Geburtstag nach bundesweit einheitliche Mindeststandards bis 2025. Immerhin komme jeder in frühkindliche Bildung investierte Euro achtfach zurück. "Es braucht dringend den Ausbau der Kinderbetreuung in ganz Österreich, ganztägig, leistbar und qualitätsvoll", so Wirtschaftskammer-Vizepräsidentin Martha Schultz. Dafür müsse Österreich, verlangt AK-Präsidentin Renate Anderl, jedes Jahr eine Milliarde zusätzlich investieren. Der ÖGB, der zudem ein einheitliches Corona-Sicherheitskonzept für Kindergärten fordert, will den Tag der Elementarbildung am Nachmittag auch aktionistisch begehen: Mit einem Herz aus Fackeln soll auf die massiven Belastungen in elementarpädagogischen Einrichtungen aufmerksam gemacht werden.

Polaschek: Beruf „zeitgemäß“ gestalten

Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) verwies in einer Aussendung darauf, dass sich die Bundesregierung dazu bekannt habe, die Mittel für die Elementarpädagogik in den laufenden 15a-Verhandlungen mit den Ländern deutlich auszubauen. Außerdem soll sichergestellt werden, dass der Beruf der Elementarpädagogin und des Elementarpädagogen zeitgemäß gestaltet wird. So setze man etwa die Eignungsprüfung gerade neu auf, für das Berufsfeld sollen mehr Männer gewonnen werden.

Auch die Grüne Bildungssprecherin Sibylle Hamann verwies auf die laufenden 15a-Verhandlungen: Bis zum Sommer müsse dabei ein umfassendes Investitionspaket herauskommen. "Wir brauchen einheitliche Standards, bessere Arbeitsbedingungen für die Pädagog:innen und eine Ausweitung der Öffnungszeiten", so Hamann. Die wichtigste Schraube für mehr Qualität sei aber der Personalschlüssel.

Mehr Geld für Kinderbetreuung

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und der Wiener Stadtrat Jürgen Czernohorszky forderten in einer Aussendung "mehr Respekt, mehr Budget von der Bundesregierung und mehr Qualität für diese Bildungseinrichtungen". Den Elementarpädagoginnen und -pädagogen müsse endlich "die Anerkennung und Unterstützung zukommen zu lassen, die sie verdienen", pochte Rendi-Wagner auf eine Kinderbetreuungsmilliarde und einen Rechtsanspruch auf einen kostenfreien Kindergartenplatz in ganz Österreich.

Auch der Städtebund pocht auf mehr Geld. Unter anderem brauche es auch ein Bundesrahmengesetz für die Kinderbetreuung sowie österreichweit einheitliche Qualitätsmindeststandards.

>>> Zum Beitrag im Ö1-"Morgenjournal"

(APA/Red. )

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