Außenminister und Kurzzeit-Kanzler Alexander Schallenberg
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Neutralität oder Nato? Mitreden bei Österreichs Außenpolitik

Wie soll sich Österreich im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine verhalten? Wäre gar ein Nato-Beitritt sinnvoll, wie manche fordern? Diskutieren Sie mit!

Das neutrale Österreich als Mitglied der Nato? Ist das vorstellbar? Für Gunther Fehlinger schon. Vor allem, seit Schweden und Finnland, die sich als „bündnisfrei“ bezeichnen, in Richtung Nato schielen. Auslöser für die Beitrittsdebatte in den nordischen Ländern ist die äußerst angespannte Lage zwischen Russland und der Ukraine. Und ein russischer Präsident, der fordert, dass die Nato eine Osterweiterung ausschließt. Fehlinger, der das Österreichische Komitee für die Europäische Ukraine koordiniert, schreibt in einem Gastkommentar: „Ganz Europa diskutiert die strategische Lage und die Sicherheit Europas. Nur in Österreich findet die Debatte um den Nato-Beitritt nicht statt.“ Dabei sieht er den Nato-Beitritt der EU als „klare Antwort“ auf Russland. Alles andere würde nur Moskau nützen. Zum Überblick: Sechs europäische EU-Staaten sind keine Nato-Mitglieder, neben Österreich, Finnland und Schweden auch Irland, Malta und Zypern. 

Heftige Kritik übt Fehlinger an Österreichs Beziehung zu Wladimir Putin: „In Österreich ist Putin King, der rote Teppich wird ihm ausgerollt trotz Krieges in der Ukraine 2014 und 2018 und egal, welche Kriegsverbrechen Putin begeht, solang die OMV weitere Gasfelder in Sibirien bekommt, ist für das moralische neutrale Österreich alles okay".

Und was sagt eigentlich der Außenminister dazu? Auf die Frage, ob es nicht an der Zeit wäre, die Neutralität Österreich zu überdenken, erklärte Alexander Schallenberg (ÖVP) im Interview mit Christian Ultsch: „Wir sind Teil der EU, die eine klare rote Linie gegenüber Russland zieht.“ Und weiter: „Gerade in Krisensituationen können Neutrale wieder eine Rolle spielen.“ Das würde sich „Presse"-Leser Elias Mösch auch wünschen. „Wir haben in der Vergangenheit oft genug bewiesen, dass wir als neutrales Land im Zentrum Europas eine Vermittlerrolle in internationalen Konflikten einnehmen könne“, schreibt er in einem Leserbrief. Diese sei zuletzt zwar vernachlässigt geworden, doch „der Russland-Ukraine-Konflikt gibt uns einmal mehr die Möglichkeit, zu unserer diplomatischen Stellung zurückzukehren und uns für Verhandlungen als neutraler Boden anzubieten!"

„Presse"-Chefredakteur Rainer Nowak schreibt in einem Leitartikel zum außenpolitischen Thema Nummer eins: „Die Nato mag dank der Kriegsdrohung der Russen wieder zum Leben erweckt worden sein, doch Europa wird sich stärker engagieren müssen. Dazu gehört auch, sich einer lang undenkbar klingenden Aufgabe zu stellen: der Wiederaufrüstung.“ Kritik übt er an Österreich, das weiter an eine Neutralität glaube, „die als EU-Mitglied kaum existiert und vor nichts schützt. Sich auf andere zu verlassen, ist zwar auch ein beliebter Grundsatz der EU, aber als sicherheitspolitischer Trittbrettfahrer werden wir irgendwann in die Pflicht genommen werden. Das wissen fast alle in Österreichs Regierung, aber niemand spricht es offen aus."

Querschreiber Karl-Peter Schwarz meint indes in seiner Kolumne, Putins Erpressung stelle den Westen vor ein Dilemma: „Wie weit darf man einem Aggressor entgegenkommen, um einen Krieg zu verhindern, der Europa ins Chaos stürzen würde und dem Hunderttausende zum Opfer fallen würden? Eine einfache Antwort gibt es nicht."

Wie es um Russland und die Ukraine momentan steht, erklären unterdessen Wolfgang Greber und Jürgen Streihammer in einer ausführlichen Analyse. Sie schreiben: „Die Gefahr eines Krieges durch eine russische Aktion in der Ukraine scheint enorm. So einfach ist die Sache für Moskau aber nicht."

Diskutieren Sie mit: Wie soll sich Österreich im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine verhalten? Wie ist es um die Neutralität bestellt? Und: Können Sie dem Vorschlag eines Nato-Beitritts Österreichs etwas abgewinnen?

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