Anthropologie

Sind wir erst als Fleischfresser zu echten Menschen geworden?

Mit dem Homo erectus wuchs das Hirn dramatisch an und brauchte mehr Energie. Kam sie von erlegten Tieren, über Feuer gegrillt? Fossile Funde in Ostafrika legten das nahe. Aber sie wurden falsch interpretiert, rechnen nun Forscher vor. Was sind die Alternativen?

Vorsicht! Das Gebiet ist ideologisch vermint, auch wenn es nur um vorurteilsfreie Wissenschaft gehen sollte. Veganer dozieren: Als unsere Vorfahren von den Bäumen stiegen, aßen sie Pflanzen, und das sollten wir auch tun. Freunde des Fleischkonsums kontern: Zu Menschen wurden wir durchs große Hirn, und es wuchs erst, als wir Tiere über Feuer grillten. Die Idee, dass jagende Männer das Kommando übernahmen, während Frauen die Glut hüten mussten, irritiert Feministinnen. Das alles schwingt mit bei der großen Frage, wie wir wurden, was wir sind. Aktuell muss die Fleischfraktion einen Rückschlag verkraften, wegen einer statistisch gefinkelten Studie eines Teams rund um den Anthropologen W. Andrew Barr von der George Washington University (Pnas, 24.1.).

Was ist gesichert? Vor knapp zwei Millionen Jahren gelang mit dem Homo erectus der große Sprung beim Hirnvolumen, von 400 auf 1000 cm³ (der Sapiens von heute kommt im Schnitt auf 1200 cm³). Aus der Zeit davor fand man in Ostafrika, der Wiege der Menschheit, nur wenige Tierknochen, die durch Werkzeuge angeritzt sind, mit jüngerer Datierung weit mehr. Und es gibt eine Theorie, die „Koch-Hypothese“ von Richard Wrangham, in der alles zusammenpasst: Ein größeres Hirn braucht mehr Energie. Hitze verändert die Textur von Lebensmitteln, Zellen geben Nährstoffe frei. Als unsere Vorläufer zu braten und kochen begannen, konnte ihr Gehirn wachsen. Ihr Darm, Kiefer und Mund verkleinerten sich, sie mussten nicht mehr wie Affen 80 Prozent ihrer wachen Zeit mit dem Kauen von Rohkost verbringen. Damit blieb mehr Kapazität zum Erfinden von Werkzeugen, für soziale Kontakte und die Entwicklung von Sprache.

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