Vorwürfe

Postenschacher? OGH-Vize verliert Verwaltungs-Funktionen

Eva Marek
Eva MarekDie Presse, Clemens Fabry
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Eva Marek, Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofes (OGH), wird nach Bekanntwerden von Chatnachrichten keine Leitungs- oder sonstigen Aufgaben der Justizverwaltung mehr ausüben. Sie bleibt aber OGH-Richterin und OGH-Vizepräsidentin.

Das Bekanntwerden von Chatnachrichten über angeblichen Postenschacher in der Justiz hat nun die angekündigten Konsequenzen: Die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs, Elisabeth Lovrek, hat nach einem Gespräch mit OGH-Vizepräsidentin Eva Marek angeordnet, dass Marek ab sofort keine Leitungs- oder sonstigen Aufgaben der Justizverwaltung mehr ausüben darf. Das betrifft, wie Lovrek der „Presse“ erklärte, etwa die Leitung des Referats für nicht richterliches Personal am OGH. Marek bleibt aber Höchstrichterin. Sie ist als solche per Verfassung grundsätzlich unversetzbar und unabsetzbar.

Rechtlich gesehen könnten nur strafrechtliche oder disziplinäre Gründe zu einer Beendigung der Richtertätigkeit führen. Strafrechtlich ist an der Sache nichts dran. Und disziplinäre Gründe verjähren nach fünf Jahren, kommen also von vorn herein nicht in Frage, da jene Chats, die Postenschacher vermuten lassen, aus 2016 stammen.  

Wie berichtet waren eben Chats aufgetaucht (das Onlineportal "ZackZack", betrieben vom Ex-Grünen Peter Pilz, hatte diese als erstes Medium veröffentlicht, auch der „Presse“ liegen etliche Chats vor), die nahelegen, dass die Besetzung der Leitung der Oberstaatsanwaltschaft Wien 2014 parteipolitisch motiviert gewesen sein könnte.

Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) habe sich damals nicht für die von der Personalkommission erstgereihte Kandidatin entschieden, weil diese, so ergibt sich aus den Chats, seiner Partei nicht genehm war - sondern für Marek, die sich erst in letzter Minute beworben hatte. Brandstetter rechtfertigte seine Entscheidung damit, dass die eigentliche Favoritin, Ilse Maria Vrabl-Sanda, als Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft "unverzichtbar" sei.

Marek soll sich im Gegenzug für ihre Bewerbung erwartet haben, zwei Jahre später mit der Leitung der Generalprokuratur belohnt zu werden. Weil sie dort allerdings nicht zum Zug kam, soll sie später erbost an Brandstetter geschrieben haben: "Danke Dir für die peinliche Vorführung in der Perskomm. DANKE für das Einhalten unserer Gespräche und dass ich Dir aus einer ausweglosen Situation helfen dürfte. SPRICH Nittel und Vrabl verhindert werden mussten." Nach ihrer Station bei der Oberstaatsanwaltschaft wurde Marek dann mit 1. Februar 2018 OGH-Vizepräsidentin.

"Chats geeignet, das Vertrauen zu gefährden"

In einer der Austria Presse Agentur zugegangenen Pressemitteilung des OGH vom Dienstag heißt es nun, der Oberste Gerichtshof habe "keine Kenntnis" über die näheren Umstände, die zur Veröffentlichung (der Chats, Anm.) führten und könne daher deren Rechtmäßigkeit nicht beurteilen. "Davon unabhängig sind die Chats jedoch geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in die Unabhängigkeit der Rechtsprechung zu gefährden." Dieses Vertrauen sei "unabdingbare Voraussetzung" für das Funktionieren des Rechtsstaats.

"Die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Elisabeth Lovrek hat daher im Einvernehmen mit Mag. Marek angeordnet, dass diese im Obersten Gerichtshof ab sofort keine Leitungs- oder sonstigen Aufgaben der Justizverwaltung ausüben wird", so der OGH. Die Agenden Mareks übernimmt der Vizepräsident des Obersten Gerichtshofs, Matthias Neumayr.

Im Regelfall kommt es auf Dreiervorschläge an

Auch lege der OGH Wert auf die Feststellung, "dass seine Richterinnen und Richter zwar vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Justizministerin ernannt werden, dass die Transparenz des Ernennungsvorgangs aber im Regelfall durch Dreiervorschläge des Personalsenats des Obersten Gerichtshofs gewährleistet ist". Die ernennenden Organe seien zwar nicht an die Vorschläge des Senats gebunden, sie sind ihnen aber bei der Besetzung von Planstellen des OGH in den letzten Jahrzehnten "ausnahmslos gefolgt".

Auch verwies der OGH auf seine Forderung, auch für die Planstellen der OGH-Präsidenten und -Vizepräsidenten einen Senatsvorschlag vorzusehen - bisher erfolge speziell deren Bestellung "allein durch politische Organe". Konkret: Nur auf Vorschlag der Justizministeriums, ohne die Stellungnahmen von Senaten.

Dies solle sich laut OGH ändern: "Der Oberste Gerichtshof ist überzeugt, dass die Umsetzung dieses Vorschlags wegen der dadurch gewährleisteten Transparenz nicht nur im Interesse aller Beteiligten läge, sondern auch ein Gewinn für den Rechtsstaat wäre."

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